Ankara/Berlin – Der türkischstämmige deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli hat die Türkei-Politik der deutschen Regierung erneut beanstandet. Deren Zurückhaltung, die Akhanli bereits in einem Interview mit der spanischen Zeitung "El Pais" kritisierte, missverstehe der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als "Zeichen der Schwäche", sagte der Autor nun im Interview mit der "Welt am Sonntag".

Erdoğan ziehe daraus den Schluss, dass er mit Europa alles machen könne. "Man muss ihm jetzt Grenzen aufzeigen", forderte Akhanli, sprach sich aber gegen ein Ende des EU-Beitrittsprozesses der Türkei aus. "Deutschland hatte zu lange zu viel Geduld mit Erdoğan", betonte er. Dieser Ansatz sei gescheitert.

Bisher keine Ausreise

Der Schriftsteller war in seinem Urlaub in Spanien aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen worden, später aber unter Auflagen wieder freigekommen. Am Freitag hatte die internationale Polizeibehörde Interpol das Fahndungsersuchen gegen den Deutschen aufgehoben. Er durfte bisher aber noch nicht wieder ausreisen. Akhanli setzt sich in seinen Werken unter anderem für das Gedenken und die Aufarbeitung des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich ein.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Erst kürzlich hatte Erdoğan türkischstämmige Wähler in Deutschland aufgefordert, bei der Bundestagswahl im September nicht für die Parteien der Regierungskoalition oder die Grünen zu stimmen. (APA, 27.8.2017)