70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher können sich laut einer Umfrage vorstellen, für ausgewählte Leistungen einen Roboter-Anwalt zu Rate zu ziehen. Vertraut wird dem automatisierten Service vor allem dann, wenn gesichert ist, dass es von Rechtskundigen kontrolliert wird.

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Die gute Nachricht zuerst: Digitalisierung wird auch in der Anwaltei mehrheitlich als Chance gesehen. Zumindest ist das ein Ergebnis der Befragung von 234 Juristen (mehrheitlich Anwälte, aber auch Konzipienten und juristische Mitarbeiter). "Gründe für die positive Einstellung sind unter anderem die Vereinfachung der Abläufe, aber auch die Effizienzsteigerung", sagt Sophie Martinetz, Gründerin der Plattform "Future Law", die die Umfrage durchführte.

Neun von zehn nutzen bereits digitale Tools für die Organisation innerhalb der Kanzlei, dennoch besteht der Wunsch nach mehr: 66 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie sich zusätzliche digitale Technologien für die Organisation innerhalb der Kanzlei wünschen und schreiben diesen mehrheitlich auch eine große Rolle für die Zukunft zu. Wie sehen solche Tools aus? Das Dokumentenmanagement wird etwa als sehr wichtig bewertet, gefolgt vom vom mobilen Zugriff und die Bearbeitung von Dokumenten. Einige Arbeitsschritte wurde bereits digitalisiert – Martinetz nennt hier beispielsweise Softwares zur Spracherkennung. Wo früher noch dutzende Damen und Herren in Kanzleien saßen und stundenlang abtippten, übernimmt das heute die Software. Knapp die Hälfte der befragten Juristen plant laut der Umfrage in den nächsten fünf Jahren konkrete Schritte, um den Grad der Digitalisierung in der Kanzlei zu erhöhen.

Anwälte sehen keine große Gefahr

International geht freilich schon um einiges mehr: Die Software Ross spuckt etwa in nur wenigen Stunden vergleichbare Fälle aus, die bei der Recherche hilfreich sind. Solche technologischen Fortschritte würden vor allem die Bereiche Brandname-Services und Commodity-Services treffen, für die juristische Mitarbeiter, Assistenten oder Rechtsanwaltsanwärter zuständig sind, sagt Martinetz. 83 Prozent könnten sich vorstellen, einen digitalen Assistenten für die Recherche einzusetzen. Dass dieser Assistent auch die Rechtsberatung von Mandaten übernimmt, halten jedoch drei Viertel für sehr bis eher unwahrscheinlich. In der Umfrage sehen auch deswegen "nur" ein Viertel die Gefahr des Abbaus von Arbeitsplätzen. Cyberkriminalität (65 Prozent), Datenschutz (64 Prozent) und fehlendes Know-how bzw. unzureichende Kompetenzen der Mitarbeiter (34 Prozent) werden da als größere Probleme eingeschätzt.

Wie sieht das alles aus Sicht der Kunden aus? Eine von Lexis Nexis veröffentlichte Umfrage sagt aus, dass sich 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher vorstellen könnten, für ausgewählte Leistungen durchaus einen Roboter-Anwalt zu Rate zu ziehen. Vertraut wird dem automatisierten Service vor allem dann, wenn gesichert ist, dass es von Rechtskundigen kontrolliert wird. Das entspricht auch dem Bild, das die Befragten Juristen von ihrer zukünftigen Rolle haben – rechtliche Expertise hat demnach auch 2035 große Bedeutung. Interessant dabei das nächste Detail der Umfrage: Die Beratung von Mandanten wird demnach 2035 noch stärker als heute per Mail bzw. neue und datensichere Onlinetools ablaufen, glauben die Befragten. Man könnte natürlich auch in die andere Richtung argumentieren, meint Martinetz, und als Kontrast zu Software-Lösungen und Online-Beratung auf persönliche Treffen und Kontakt setzen.

Wettbewerb wird zunehmen

Nehmen die befragten Anwälte die digitale Zukunft auf die leichte Schulter? So weit würde Martinetz in der Analyse nicht gehen. "Ja, sie sehen es sehr gelassen", sagt sie. Eine besondere Herausforderung werde es in Zukunft auch sein, wie die Leistung von IT-Fachkräften und Juristen in Zukunft – abseits der verrechenbaren Stunde – beurteilt wird. Es gelte sich jetzt jedenfalls Gedanken darüber zu machen, welche Tätigkeiten im eigene Unternehmen oder der Kanzlei künftig automatisiert werden könnten, mit welchen Tools und wie sich dadurch die gewohnten Arbeitsabläufe verändern werden. "Dass der Wettbewerb stark zunehmen wird, darüber sind sich die allermeisten bewusst." (Lara Hagen, 16.10.2017)