Dieter Degowski während der Geiselnahme in einem Bus im Jahr 1988.

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Arnsberg – Einer der Geiselnehmer von Gladbeck, Dieter Degowski, wird nach fast 30 Jahren Haft entlassen. Er werde in den nächsten Monaten freikommen, teilte ein Sprecher des Landgerichts Arnsberg am Dienstag mit. Die Freilassung sei umfassend geprüft worden, die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Degowski wird einen neuen Namen erhalten, um ihm die Wiedereingliederung zu erleichtern.

Im August 1988 hatten Degowski und sein Komplize Hans-Jürgen Rösner beim Gladbecker Geiseldrama, einem der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte, Deutschland in Atem gehalten.

Drei Menschen auf Flucht getötet

Drei Tage lang flüchteten sie nach einem missglückten Bankraub mit Geiseln vor der Polizei, drei Menschen starben. Rösner sitzt weiterhin in der JVA Aachen ein.

Degowski war zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht hatte die JVA bereits 2013 aufgefordert, ihn schrittweise auf die Entlassung vorzubereiten. Degowski hatte daraufhin einige Ausgänge einwandfrei bewältigt.

Täter gaben während Geiselnahme Interviews

Am Morgen des 16. August 1988 hatten Degowski und Rösner schwer bewaffnet eine Bank im nordrhein-westfälischen Gladbeck gestürmt. Sie nahmen zwei Geiseln und forderten einen Fluchtwagen sowie 420.000 Mark. Journalisten gaben sie ein erstes Interview.

Kurz nachdem sie am Abend mit Geiseln und Geld losgefahren waren, stieg Rösners Freundin zu. Am nächsten Tag kaperten sie in Bremen einen Linienbus und nahmen 35 Geiseln. Sie gaben Interviews und ließen mehrere Geiseln frei.

15-Jährigen und 18-Jährige erschossen

Als die Polizei Rösners Freundin vorübergehend festhielt, erschoss Degowski eine Geisel, einen 15-jährigen Buben. Bei der weiteren Verfolgung verunglückte ein Polizist tödlich. Die Geiselnehmer ließen den Bus stehen und flüchteten mit zwei Bremer Geiseln in einem Auto. Ein Journalist fuhr in Köln sogar ein Stück mit. Am Mittag des 18. August griff ein Sondereinsatzkommando auf der Autobahn bei Bad Honnef zu. Die 18-jährige Silke Bischoff starb an einer Kugel aus Rösners Waffe.

Rösner und Degowski wurden im März 1991 zu lebenslanger Haft verurteilt, Rösner mit anschließender Sicherungsverwahrung. Anträge auf Hafterleichterung und Gnadengesuche wurden mehrmals ablehnt. Nun soll Degowski freikommen.

Die Polizei überarbeitete ihre Einsatztaktik für solche Szenarien grundlegend. Bremens Innensenator Bernd Meyer (SPD) trat zurück, die Medien wurden wegen mangelnder Zurückhaltung kritisiert. Der Deutsche Presserat legte später fest, dass es Interviews mit Tätern während des Geschehens nicht geben dürfe. (APA, 10.10.2017)