Zürich – Der Schweizer Finanzinfrastrukturbetreiber Six, der auch in Österreich Marktführer ist, steht vor einem großen Umbau und bekommt einen neuen Chef: Die Sparte, die das Bezahlen mit Plastikkarten an den Geschäftskassen umfasst, soll mehrheitlich verkauft werden. Die Six erhofft sich für das Geschäft mit einem starken Partner eine bessere Zukunft als im Alleingang.

Damit solle ein führender europäischer Anbieter im Kartenakzeptanz- und -verarbeitungsgeschäft geschaffen werden, teilte Six am Freitag mit. Man wolle eine starke Minderheitsbeteiligung behalten, um Einfluss auf die Weiterentwicklung nehmen zu können. Der Schritt ist keine Überraschung. Seit Monaten hatte der Finanzdienstleister die Zukunft des Kartengeschäfts überprüft. Grund dafür war der starke Wandel im bargeldlosen Zahlungsverkehr, der unter Margendruck und zunehmender Konkurrenz leidet.

Die Suche nach einem strategischen Partner für den Mehrheitsanteil wird jetzt gestartet. Der Deal solle bis spätestens nächsten Sommer über die Bühne gebracht werden, hieß es weiter.

Gute Wachstumschancen

Weil weltweit immer weniger mit Bargeld und immer mehr elektronisch bezahlt wird, bietet der Markt gute Wachstumschancen. Wer bei der Konsolidierung vorne mitspielen will, braucht aber Kapital. Und hier stellte sich für Six die Frage, ob man das alleine stemmen wolle. Man könnte das Geld zwar locker machen, sagte Six-Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher. Dieses fehle aber dann für die Kernbereiche der Six, zu denen das Kartenbezahlgeschäft nicht gehöre.

Schweizer Großbanken halten zusammen 30 Prozent am Finanzdienstleister, der auch die Schweizer Börse betreibt. Six sei zum Zeitpunkt von Ermottis Kritik allerdings schon seit einigen Monaten daran gewesen, sich über die Zukunft Gedanken zu machen, sagte Lacher. Auch andere Banken hatten das Kartengeschäft von Six hinterfragt.

Ein weiterer Grund für die geplante Partnerschaft sei, dass das unter Margendruck stehende Kartenbezahlbusiness ein Mengengeschäft sei: Je mehr Volumen auf der Plattform abgewickelt werde, desto günstigere Preise könne man den Kunden anbieten.

Übernahmewelle im Zahlungsverkehr

Derzeit rollt eine Übernahmewelle im europäischen Markt für bargeldlosen Zahlungsverkehr. In vielen Ländern haben Banken diese nicht zum Kerngeschäft gehörenden Bereiche abgestoßen: Anfang 2017 verkauften die DZ Bank, die Deutsche Bank, die Commerzbank und weitere Institute die deutsche Concardis für 700 Millionen Euro an Finanzinvestoren. Der US-Kreditkartenabwickler Vantiv sorgte im Juli mit einem 8,7 Milliarden Euro schweren Offert für die britische Worldpay für einen Höhepunkt der Übernahmewelle in der Branche.

Angesichts dieser Lage "stellt sich die Frage, ob wir groß genug sind und schnell genug wachsen können, um international weiterhin eine Rolle zu spielen", sagte Lacher: Six sei zwar Marktführerin in der Schweiz, in Österreich und Luxemburg. Das seien aber alles kleine Länder.

Mit der Abtretung der Mehrheit spaltet Six einen Großteil ihrer größten Division ab. Diese erwirtschaftete im vergangenen Jahr 885 Mio. Franken (764 Mio. Euro) des Gesamtumsatzes der Gruppe von 1,84 Mrd. Franken und steuerte 92 Mio. Franken zum Gesamtbetriebsergebnis (Ebit) von 297 Mio. Franken bei. Einen kleinen Teil der Zahlungsverkehrssparte will Six behalten: Dieser umfasst die Bezahl-App Twint und den Betrieb von Bankomaten. "Auch die Herausgabe von Plastikkarten im Auftrag von allen Banken behalten wir", sagte Lacher.

Zusammenlegung im Wertpapiergeschäft

Die Gesellschaft will zudem die bisher getrennt geführten Divisionen Wertpapierhandel und Wertpapierabwicklung zusammenlegen. Mit der Umsetzung wird ein neuer Konzernchef betraut. Am 1. Jänner übernehme der frühere operative Chef der Mehrländerbörse Euronext, Jos Dijsselhof, das Ruder bei dem Zürcher Unternehmen.

"Der Umbau hat das Ziel, Six dynamischer und beweglicher zu machen", sagte der seit Jänner amtierende Lacher der Nachrichtenagentur Reuters. Der Verwaltungsrat habe sich einstimmig für diesen Vorschlag ausgesprochen. (APA, Reuters, 10.11.2017)