Die Zuwächse sind Konsum werden im Reich der Mitte großteils technologiegetrieben.

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Wien – Auf den tiefen Fall folgte die schrittweise Erholung: Rund zweieinhalb Jahre nach dem Aktiencrash befindet sich die Börse in Schanghai wieder in einem moderaten Aufwärtstrend. Nach einem großteils kreditfinanzierten Aktienboom war der Markt im zweiten Halbjahr 2015 nahezu um die Hälfte eingebrochen, konnte sich seither aber wieder sukzessive um gut 20 Prozent erholen. Experten halten den Markt für aussichtsreich, da sie auch die chinesische Volkswirtschaft auf einem vielversprechenden Pfad wähnen.

Das Land steckt aus Sicht von Jakob Frauenschuh, Asset-Manager bei der Schoellerbank, in einem ökonomischen Wandel, denn das alte Wachstumsmodell hat aus seiner Sicht ausgedient. "Die internationalen Investoren müssen ihr Bild von China überdenken", schreibt er in einer Analyse. "Das Reich der Mitte wandelt sich rasant vom Billigproduzenten zum Innovator, der eigene Lösungen für den Heimmarkt etabliert. Der inländische Konsument soll nun zum Wachstumsmotor werden", erklärt Frauenschuh.

Bisher sei es allerdings nur wenigen Ländern gelungen, nach einem exportgetriebenen Wachstum die nächste Phase zu erreichen. Diese Umstellung hält er selbst für ein autoritär geführtes Land für nicht einfach, allerdings hat China aus seiner Sicht ein Ass im Ärmel, nämlich die Informationstechnologie. "China hat den am schnellsten wachsenden IT-Sektor. Und die großen chinesischen Technologieunternehmen haben alle mit dem Handel zu tun", ergänzt der Fondsmanager mit Blick auf chinesische Onlineriesen wie den Handelskonzern Alibaba oder die Suchmaschine Baidu.

China als Online-Pionier

Er verweist darauf, dass Konsumenten im Reich der Mitte bereits ein Fünftel aller Produkte online kaufen würden, doppelt so viel wie in den Industriestaaten. Dies betreffe nicht bloß Elektronik oder Kleidung, sondern auch Lebensmittel und Haushaltsprodukte – mit der Konsequenz, dass auch die dafür notwendige Logistik schnell wachse. "Die Geschwindigkeit, mit der die Chinesen ihren Konsumsektor ausbauen, wäre ohne Technologie nicht möglich."

Die Experten des Vermögensverwalters Deutsche Asset Management verweisen auf ein gestiegenes Verbrauchervertrauen – im Sommer hat der entsprechende Index ein 20-Jahres-Hoch markiert – aufgrund der stabileren Konjunkturaussichten und starken Lohnzuwächse. Neben dem IT-Sektor erhöhe auch der Immobilienboom aufgrund von Vermögenseffekten den Konsum. Die Steigerung der Preise von Wohnimmobilien sei von den Metropolen auf Städte der zweiten Reihe und Satellitenstädte übergesprungen – und betreffe nun fast zwei Drittel der urbanen Bevölkerung.

Wohl keine Schuldenkrise

Trotz der Ausweitung der Gesamtverschuldung auf 258 Prozent des BIP per Ende 2016 – für die Deutsche-Asset-Management-Experten ein "zweifellos hohes Niveau" – sei eine Schuldenkrise unwahrscheinlich, da die Gläubiger zumeist einheimische Investoren seien und zudem vor allem Staatskonzerne hauptsächlich aus der Schwerindustrie hochverschuldet seien. Diese Bereiche würden derzeit ohnedies eine Restrukturierung durchlaufen, während der private Unternehmenssektor weniger stark in der Kreide stehe.

Die Experten des Vermögensverwalters verweisen zudem auf das BIP-Wachstum von derzeit sechs bis sieben Prozent, was auch am Aktienmarkt durchschlage. "Zwar sind chinesische Aktien nicht ganz billig und die Dividenden nicht überdurchschnittlich, doch gehören ihre Ertragsaussichten zu den weltweit stärksten", lautet ihre Einschätzung.

Schoellerbank-Experte Frauenschuh betont zudem, dass für Investoren eines noch wichtiger als eine nachhaltiger gestaltete Wirtschaft sei, nämlich: "China liberalisiert sukzessive seinen Kapitalmarkt." Sprich, chinesische Aktien würden für ausländische Anleger immer leichter investierbar. Es gebe aber noch Stolpersteine für Investoren, räumt Frauenschuh ein und rät zu einer breiten Streuung der China-Investments. (aha, 7.12.2017)