Meng Sinwilai kocht auf eine Art Thai, dass halb Atzgersdorf vor ihrem Kleinstrestaurant Schlange steht.

Foto: Georges Desrues

Was Meng Sinwilai in der Küche zaubert, ist ganz und gar nicht improvisiert.

Foto: Georges Desrues

Mengs Thai Imbiss liegt gleich beim Einkaufszentrum Atzgersdorf, weit draußen im 23. Bezirk von Wien. Wer nach dem Shopping bei Fussl oder DM einen Gusto aufgerissen hat, kann sich schräg nebenan bei Meng mit Frühlingsrolle und Papayasalat, Tom Yam Gung und Pad Thai Gai stärken.

Im Zweifel ist es aber fast gescheiter, sich das Essen zum Mitnehmen zu bestellen, zumindest bis der Gastgarten wieder aufsperrt. Mehr als sechs, maximal acht Personen haben in dem winzigen Lokal mit der offenen Küche nicht Platz. Dass die Bestuhlung aus klobigen Gartensesseln besteht, macht es nicht besser, dass alle paar Minuten die Tür aufgeht, weil ein Take-away-Kunde sein Abendmahl abholt und dabei einen frisch-feuchten Schwall Winterluft mit hereinbringt, auch nicht wirklich.

Tolles Essen unter minimalistischen Voraussetzungen

Dafür ist das, was Meng Sinwilai in der Küche zaubert, ganz und gar nicht improvisiert. Sie gibt hier die Betreiberin, Köchin und Servierkraft in Personalunion. Die Frau war über fünf Jahre Köchin der Botschaft von Malaysia, dann drei Jahre in der Thai-Botschaft, bevor sie erst im Nobel-Thai Patara und vor einigen Jahren auch im Salon Wichtig bei der TU Wien am Herd gestanden ist – genau zu jener Zeit, als das winzige "Hole in the Wall" in der Karlsgasse das vielleicht beglückendste Thai-Essen der Stadt auf seine Plastikteller schöpfte.

In der ehemaligen Fritter-Schnitzel-Bude zeigt sie auf zwei Induktionsplatten und einem – derzeit als Stauraum verwendeten – Plattengrill, wie tolles Essen auch unter minimalistischen Voraussetzungen möglich ist. Guay Tiew Muan zum Beispiel, in hauchdünnen Teig geschlagener Salat mit Reisnudeln, Hühnerfleisch und einem Schüppel frischer Thai-Kräuter, der in eine wundersam aromatische, sauer-süße Dipsauce getunkt wird.

Oder eine berückend würzige Tom Yam Gung, die nicht nur von der Kraft frischen Galgants, Limettenblättern, Zitronengras und Limettensaft erfüllt ist, sondern dank eines kräftigen Schusses Milch auch eine hierorts ungewohnt cremige Komponente bekommt.

Die Verwendung von Milch mag überraschen, dabei ist diese Version in Thailand sehr beliebt und als Tom Yam Gung Nam Khon bekannt. Dort aber wird sie mit ungesüßter Kondensmilch gemacht. Bei der Schärfe hält Meng sich ganz unthailändisch zurück. Wer seine Papillen so richtig ins Flattern bringen will, sollte es dazusagen.

Das gilt auch für Yam Nua, fein geschnittenes, medium-rare gebratenes Rind, das mit Schalotten, Gurken, etwas Kraut und viel Minze und Basilikum zu einem fantastischen lauwarmen Salat wird. Papayasalat Som Tham wirkt im Vergleich dazu etwas schüchtern gewürzt – wer mehr Hitze und, vor allem, mehr Fischsauce braucht, findet bei Tisch eine vielfältig bestückte Menage vor.

Komfortable Schärfe

Pad Thai ist deutlich aufmerksamer als gewohnt zusammengefügt: die Reisnudeln bissfest, der Tofu kurz frittiert, sodass er einerseits knusprig, anderseits flauschig elastisch wird, die Hendlstücke saftig, dazu reichlich Sprossen, Koriander und geröstete, grob gemahlene Erdnüsse – ideales Comfort-Food.

Grüner Curry mit Rind, natürlich mit selbstgemörserter Paste, gerät wunderbar duftig, seidig, geradezu blumig – auch hier wäre ein bisserl mehr Pikanz aber kein Fehler gewesen. Die tritt im gelben Panang Curry deutlicher zutage, da mischen sich die Aromen von Sternanis und Zimt wärmend unter die von Zitronengras, Galgant, Ingwer und getrockneten Garnelen.

Bier ist dazu natürlich das Getränk der Wahl. Neben Singha und Chang empfiehlt sich vor allem das Craftbier von 100 Blumen – nicht nur, weil es gleich ums Eck gebraut wird. (Severin Corti, RONDO, 26.1.2018)

Weiterlesen:

Google-Map mit aktuellen Restaurantkritiken in Wien & Umgebung