Der unerwünschte Griff nach dem Geld passiert auch im Internet. Cyberwährungen wie Bitcoin oder Ethereum sind auch vor Hackern und Dieben nicht sicher. Versicherungen testen hierfür neue Produkte.

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New York / Wien – Die Kursrally von Bitcoin und Co in den vergangenen Monaten zaubert Anlegern nicht nur ein Lächeln ins Gesicht. Angesichts von Hackerangriffen und einer schärferen Regulierung haben Investoren immer öfter auch Sorgenfalten: Nicht erst seit dem Diebstahl von einer halben Milliarde Dollar bei der japanischen Börse Coincheck wächst die Nachfrage nach Versicherungen gegen Kryptowährungsklau.

Bislang tummeln sich nur wenige Assekuranzen in diesem neuen Segment. Hierzu gehören die – auch in Europa aktiven – US-Firmen XL Catlin und Chubb sowie der japanische Konzern Mitsui Sumitomo. AIG beschäftige sich seit 2014 mit diesem Thema, sagt Christopher Liu, Chef der Cyberversicherungen für Finanzinstitute bei dem US-Unternehmen. Vereinzelt habe sein Haus Versicherungen gegen Kryptowährungsdiebstahl ausgestellt. Man befinde sich aber noch in der "Erforschungsphase". Am weltweit 720 Milliarden Dollar schweren Versicherungsmarkt hat dieses Geschäft mit Cyberdevisen bislang daher erst einen verschwindend geringen Anteil.

Bedarf ist aber durchaus vorhanden: Seit der Erfindung von Bitcoin vor etwa zehn Jahren wurden digitale Taler im Wert mehrerer Milliarden Dollar gestohlen, meist durch Hackerangriffe auf Börsen oder Betreiber von Kryptowährungskonten, den Wallets. Dem Branchendienst CB Insights zufolge sammelten Firmen 2017 bei fast 800 Initial Coin Offerings (ICOs) insgesamt mehr als fünf Milliarden Dollar an Investorengeldern ein. Experten der Unternehmensberatung Ernst & Young gehen aber davon aus, dass etwa zehn Prozent dieser Summe bei Diebstählen abhandenkommt.

Risiko schwer zu kalkulieren

Das größte Problem für die Versicherer ist, die Risiken zu kalkulieren, um daraus eine passende Versicherungsprämie zu machen. Die Blockchain-Technologie, auf der Bitcoin & Co basieren, durchschauen nur Eingeweihte. Außerdem fehlen in diesem Feld – anders als beispielsweise bei Verkehrsunfällen – ausreichend statistische Daten. "Die erste Herausforderung für uns war, herauszufinden, ob das Ganze für ein Produkt taugt", sagt Greg Bangs von XL Catlin. Aus diesem Grund habe seine Unternehmen zunächst ausgiebig mit wichtigen Akteuren des Kryptowährungssektors sowie potenziellen Kunden gesprochen.

Mindestens ebenso wichtig sei es aber, die Unternehmen der Kryptowährungsbranche auf Herz und Nieren zu prüfen, sagt Jackie Quintal, Versicherungsberaterin für den Vermittler Aon. Teil ihres Jobs sei es, seriöse von unseriösen Anbietern zu trennen. "Wenn die Firmen nur widerwillig Informationen herausgeben oder keine Antworten auf Fragen zu Richtlinien der Unternehmensführung haben, verschwinden sie meist von alleine wieder." Eine Durchleuchtung durch die Versicherer kann schnell mehrere Monate dauern. Geprüft werden Sicherheitsvorkehrungen gegen Hackerangriffe, die Größe des Geschäfts oder die Personalausstattung. Einige Bitcoin-Börsen und Wallet-Anbieter seien überrascht, wie streng und detailliert die Untersuchung sei, sagt Matt Prevost, Nordamerika-Chef für Cyberversicherungen bei Chubb.

Dennoch bleiben Assekuranzen vorsichtig. So versichert Great American Insurance zwar seit 2014 Diebstahl durch Mitarbeiter oder Zahlungen mit Bitcoin. Verluste durch Hackerangriffe werden aber nicht abgedeckt. Andere Anbieter versichern Online-Kryptowährungskonten nicht, die im Fachjargon auch "Hot Storage" genannt werden.

Hohe Kosten

Einer größeren Verbreitung von Kryptopolicen stehen zudem die hohen Kosten im Weg, sagt Ty Sagalow, Chef der Beratungsfirma Innovation Insurance. Um einen Betrag von zehn Millionen Dollar abzusichern, werden meist etwa 200.000 Dollar jährlich fällig. Für vergleichbare Policen anderer Bereiche müssen Kunden üblicherweise weniger als die Hälfte zahlen. Aber auch die Kursrally des vergangenen Jahres kann Versicherungsnehmer in die Zwickmühle bringen: Im Jänner deckte eine Police über zehn Millionen Dollar noch den Verlust von knapp 11.000 Bitcoin ab. Aktuell sind es nur noch etwa 1300.

Für Cameron Winklevoss, Mitgründer der Kryptobörse Gemini, sind Versicherungen nicht das dringendste Thema für die junge Branche. "Entscheidend ist die regulatorische Aufsicht, die sicherstellt, dass eine Börse das macht, was sie machen soll." Dann komme es gar nicht so weit, eine Versicherung in Anspruch nehmen zu müssen. Die Gehversuche mit Kryptopolicen seien dennoch notwendig, erklärt Henry Sanderson, Leiter des Cybergeschäfts beim Versicherungsmakler Safe-online. "Wenn wir die Gelegenheit jetzt nicht ergreifen, ist das eine verpasste Chance für die Versicherer."

Heimische Anbieter skeptisch

Dem Thema Cybersecurity widmen sich auch die heimischen Versicherungen mit eigenen Produkten. Sich gegen die Folgekosten von Hackerangriffen abzusichern gehöre vor allem für Produktionsbetriebe heute schon zum Geschäft. Kryptogeldpolicen hingegen sind derzeit aber noch nicht auf dem Radar der Versicherer. Die Entwicklungen in der Branche werden diesbezüglich aber genau beobachtet, heißt es. (Reuters)

Der unerwünschte Griff nach dem Geld passiert auch im Internet. Cyberwährungen wie Bitcoin oder Ethereum sind auch vor Hackern und Dieben nicht sicher. Versicherungen testen hierfür neue Produkte. (Reuters, 8.2.2018)