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Justitia muss schneller arbeiten. Das sieht ein Gesetz zur Verfahrensbeschleunigung vor, das seit Jänner 2015 in Kraft ist.

Foto: dpa / Frank Rumpenhorst

Wien – Auf die österreichischen Haft- und Rechtsschutzrichter kommt eine Menge Arbeit zu. Seit 1. Jänner schlägt sich jenes Gesetz nieder, wonach strafrechtliche Ermittlungsverfahren maximal drei Jahre dauern dürfen – danach muss angeklagt oder eingestellt werden. Festgeschrieben ist das in Paragraf 208a der Strafprozessordnung (StPO), der seit 1. Jänner 2015 in Kraft ist. Entstanden ist die Bestimmung unter Exjustizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), ihr Ziel ist die Verfahrensbeschleunigung.

Seit 2015 in Kraft

Nun sind sozusagen die ersten drei Jahre vorbei – und die ersten Akten wandern bereits von den Staatsanwaltschaften zu den Rechtsschutzrichtern, die für die Prüfung und Entscheidung zuständig sind. Gemäß der Bestimmung müssen sich Staatsanwälte bei Causen, bei denen sie die Dreijahresfrist nicht einhalten können, ans Gericht wenden und dort die Gründe dafür erörtern. Zudem können Betroffene Einstellungsanträge einbringen. Teilt das Gericht die Ansicht der Staatsanwälte und liegt kein Einstellungsgrund vor, dann kann die Erledigungsfrist für die Staatsanwaltschaft um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Auf diese Art und mit dieser Begründung können die Ermittlungsverfahren öfter verlängert werden – vorausgesetzt, das Beschleunigungsverbot wird nicht verletzt. Allerdings werden bestimmte Verfahrensschritte von der Frist abgezogen – etwa wenn ausländische Rechtshilfeersuchen im Spiel sind.

Das Justizministerium hat nun in einem ersten Schritt gezählt, wie viele Ermittlungsverfahren im ersten Halbjahr 2015 begonnen haben (die Uhr tickt ab dem Zeitpunkt, zu dem gegen eine konkrete Person ermittelt wird) – wie viele Verfahren also bis Juni 2018 beendet werden müssen. Laut Auskunft des Ministeriums sind es österreichweit 690 Ermittlungsverfahren – allerdings sind erst 23 davon bei Gericht vorgelegt worden und im Register erfasst. In der Folge muss der Rechtsschutzrichter prüfen und entscheiden, ob das Verfahren in die Verlängerung gehen darf. Wenn nicht, stellt er die Ermittlungen ein.

Irritation

Von den 23 Fällen, die es schon gibt, sind drei entschieden. In einem Fall hat das Gericht die Verlängerung bewilligt, in zwei Fällen wurde sie abgelehnt, und das Verfahren ist damit eingestellt. Längere Verfahren sind in Österreich nicht unüblich.

Causen wie Meinl European Land (MEL), die Meinl-Sachdividende (da hat der Banker Peter Weinzierl wie berichtet gerade wieder einen Einstellungsantrag gestellt) und Eurofighter sind seit fast einem Jahrzehnt schon im Ermittlungsstadium, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien zum sogenannten Refco-Blitzkredit des Jahres 2005 aus der Causa Bawag laufen noch länger. Entscheidung: bisher keine.

Jedenfalls sind die Staatsanwälte beim Sichten ihrer Verfahren, laut einer Sprecherin des Justizministeriums werde man "in ein paar Wochen einen Überblick haben".

Stirnrunzeln in der Justiz

Stichwort Entscheidung: Der neue Minister für Deregulierung, Verfassung, Reformen und Justiz, Josef Moser (FPÖ), hat mit seiner Entscheidung, die bisherige Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Eva Marek, zur Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu machen, für Stirnrunzeln in der Justiz gesorgt. Marek wurde per 1. Februar vom Bundespräsidenten für diesen Posten ernannt.

Der Minister ist bei der Auswahl von Präsident und Vizepräsident des OGH zwar völlig frei, der Personalsenat ist nicht eingebunden. Bisher war es aber üblich, dass der Justizminister persönliche Gespräche mit den Bewerbern geführt hat, um sich einen eigenen Eindruck von ihnen zu verschaffen. Im Fall OGH hat Moser laut Justizinsidern mit keinem Bewerber das Gespräch gesucht – auch nicht mit Marek. (Renate Graber, 17.2.2018)