Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel – hier mit Annegret Kramp-Karrenbauer warb am Montag vor den Delegierten der CDU für den schwarz-roten Koalitionsvertrag.

Foto: AFP / Schwarz

Normalerweise beginnt ein CDU-Parteitag mit einem Gottesdienst in der Kirche. Normalerweise dauert ein solches Delegiertentreffen auch zwei Tage – doch an diesem eintägigen Sonderparteitag, einzig und allein einberufen, um den Koalitionsvertrag abzusegnen, ist das Programm etwas gedrängt.

Daher wird eine kurze ökumenische Andacht gleich zu Beginn ins Treffen integriert. "Schenke uns in bewegten Zeiten Besonnenheit", sagt die künftige Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer – genannt "AKK" –, die auf der Bühne die Fürbitten vorträgt.

Hinter ihr, in großen weißen Lettern auf die blaue Wand geschrieben, stehen die Schlagworte des Koalitionsvertrages: "Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land."

Grummeln und Rumoren

Merkel braucht an diesem Montag die Zustimmung der 1.001 CDU-Delegierten. Es ist völlig klar, dass sie sie auch bekommt, mit Ablehnung rechnet niemand. Doch die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende hat das Grummeln und Rumoren in ihrer CDU nicht überhört, das da seit dem schlechten Ergebnis der Bundestagswahl am 24. September 2017 lange nicht verstummen hat wollen.

Daher räumt sie noch einmal ein, dass das Wahlergebnis (32,9 Prozent) nicht den Ansprüchen entsprochen habe: "Wir alle waren enttäuscht." Aber, so Merkel: "Wir wären nicht die CDU, wenn wir uns ins Jammertal zurückziehen. Unsere Haltung ist: Wir wollen es besser machen."

"Dicken Brocken abgewehrt"

Und das werde mit dem Koalitionsvertrag gelingen. Er trete für ein stärkeres Europa ein, bringe mehr Geld für Familien, für Bildung und Forschung. Einen Seitenhieb auf die SPD kann sie sich nicht verkneifen. Man habe "einen dicken Brocken" abgewehrt, berichtet Merkel dem Parteitag, nämlich die Bürgerversicherung im Gesundheitssystem. "Wir haben diesen Irrweg verhindert", sagt Merkel. Den Auftrag der neuen Regierung beschreibt sie so: "Dass wir den Alltag der Menschen verbessern."

Sie verspricht entschlossenes Auftreten gegen Antisemitismus, "Null Toleranz"-Politik beim Thema innere Sicherheit und "spürbare Konsequenzen für Integrationsverweigerer". Zudem erklärt sie in Richtung AfD: "Diejenigen, die mit platten und hasserfüllten Parolen durch unser Land ziehen, werden auf unseren entschlossenen Widerstand treffen."

Doch zunächst muss Merkel selbst sich einigen Widerspruch anhören. Ungewöhnlich viele Delegierte melden sich zu Wort, viele von ihnen äußern Unbehagen. "Wir müssen auch über den Markenkern der Union sprechen. Es geht darum, dass wir auch debattieren und streiten", sagt der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak. Denn: "Wir können nicht sagen, dass wir zu viele Debatten haben."

"Abgefahrener Reifen"

Besonders hart geht Eugen Abler, Delegierter aus Baden-Württemberg, mit Merkel ins Gericht. "Die CDU hat das Profil eines abgefahrenen Reifens", klagt er. Sie habe das "C" im Namen – also das Christliche – auf dem "Altar des Zeitgeistes geopfert". Der Schutz des Lebens, die Bewahrung der Schöpfung, Ehe, nichts gelte mehr. Eine Million Wähler seien zur AfD gewechselt, sagt Abler, "diese gewinnen wir nur mit einer profilierten Politik zurück".

"Wir haben in den letzten zwei Jahren rechts von uns Platz gemacht", kritisiert auch Christean Wagner aus Hessen. Immerhin: Jens Spahn, der bisher Merkel oft kritisiert hat, künftig aber Gesundheitsminister sein wird, wirbt für den Koalitionsvertrag: "Wir können Wunden lecken oder sagen: Wir machen was draus."

Die überwältigende Mehrheit sieht das auch so, der Koalitionsvertrag wird schließlich mit 97 Prozent der Delegiertenstimmen angenommen. Auch die Wahl zur Generalsekretärin für Annegret Kramp-Karrenbauer fällt zu ihrer Zufriedenheit aus: 98,8 Prozent Zustimmung. (Birgit Baumann aus Berlin, 26.2.2018)