Vor fast 100 Jahren eröffnete Engelbert Drechsler das Markt-Café "An der Wien", welches später als Cafe Drechsler von seinem Enkel weitergeführt wurde. Manfred Stallmajer renovierte es 2007 aufwändig.

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Das Cafe Drechsler, wie es derzeit aussieht.

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Niko Kölbl (links) und Benjamin Weidinger sind die Neuen vom Drechsler.

Foto: Alex Stranig

"Wer auf frischen Wind hofft, darf nicht verschnupft sein, wenn er kommt", sagte einst Helmut Qualtinger. Nun ist es justament der österreichische Kabarettist, der für frischen Wind im "neuen" Cafe Drechsler sorgen soll. Das Konterfei Qualtingers wird schon bald in Form eines Ölgemäldes von der Wand des Lokals granteln. Und das ist nicht alles, was sich im Kult-Kaffeehaus ändern wird.

Diese Woche hat Noch-Betreiber Manfred Stallmajer bekannt gegeben, das Café am 25. März zu schließen. Unter anderem, weil er seinen Plan vom 24-Stunden-Lokal in elf Jahren nicht durchsetzen konnte. Aber auch, weil sich die Gastronomie am Naschmarkt in den letzten Jahren stark verändert habe und es ohne ausreichenden Schanigarten im Sommer schwer sei, wie Stallmajer sagt.

Wiener Küche

Nun will sich ausgerechnet ein Berliner des Wiener Traditionskaffeehauses an der linken Wienzeile annehmen, wie DER STANDARD erfuhr. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Banjamin Weidinger eröffnet Turbo-Gastronom und Koch Niko Kölbl das Cafe Drechsler bereits Mitte Mai neu.

Der gebürtige Kreuzberger betreibt die bei Burger-Fans beliebte Weinschenke an drei Wiener Standorten, vor wenigen Monaten kam die "Pizza Randale", ein Restaurant, das auch ein Club ist, hinzu. Im Cafe Drechsler soll es aber weder Burger noch Pizza geben. "Den Großteil der Karte wird Wiener Küche ausmachen. Wir werden aber keine Würste vom Großmarkt servieren. Es wird eigene Kreationen geben. Die Küche in den Wiener Kaffehäusern ist ja nicht herausragend. Da muss sich etwas ändern", sagt Kölbl und will auch ein bisschen deutsche Heimatküche etablieren.

Senfeier, Klopse und Hühnerfrikassee

"Ich freue mich, dass ich wieder alte Gerichte kochen darf. Dazu gehört auf jeden Fall die Lammstelze. Auch Königsberger Klopse, Hühnerfrikassee oder Senfeier soll es geben. Wer bei uns Currywurst haben möchte, den muss ich aber leider enttäuschen".

Und die Einrichtung? Manfred Stallmajer hat das Café vor elf Jahren aufwändig renoviert. "Wir wollen das Café nicht komplett verändern, an manchen Stellen werden wir aber Hand anlegen. Die Holzvertäfelungen an der Wand kommen auf jeden Fall weg", sagt Kölbl. Vor fast 100 Jahren eröffnete Engelbert Drechsler das damalige Kaffeehaus, das Treffpunkt für Marktstandler des Naschmarkts, aber auch für unzählige Nachtschwärmer war. Bereits um 4 Uhr morgens konnte man im Markt-Café eine Melange trinken oder ein Schnitzel essen. Viele Jahre hatte das Drechsler 23 Stunden durchgehend geöffnet.

Das legendäre Hinterzimmer gibt es noch immer. In den Anfängen des Kaffeehauses soll es dort ziemlich wild zugegangen sein. "Man erzählt sich, dass damals im Hinterzimmer auch gerne mal Prostituierte verkehrt haben. Wir überlegen uns, wie wir das Zimmer nutzen können. Es soll auf jeden Fall etwas Besonderes werden, und es darf ruhig auch etwas verrückt sein".

Das Separee wird man für private Veranstaltungen nutzen können. Im vorderen Bereich soll es neben dem Kaffeehausbetrieb auch immer wieder Konzerte und Bar-Abende geben. Einen Club wollen die beiden Betreiber aber nicht aus dem Café machen. Das dürfte auch Fans des Wiener Kaffeehauses und Germanophobiker aufatmen lassen. "Wir wollen das Cafe Drechsler nicht nur erhalten. Wir wollen eine Schippe drauf legen", sagt Kölbl. (Alex Stranig, 2.3.2018)

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