Die Kapitalanlagen der Versicherungen erreichten im Vorjahr 111,1 Milliarden Euro.

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Wien – "Das vergangene Jahr war für die Versicherungswirtschaft ein herausforderndes", sagt Louis Norman-Audenhove, Generalsekretär des österreichischen Versicherungsverbandes VVO. Vor allem die Naturkatastrophen (Spätfrost, Hagel, Dürre und Überschwemmungen) haben sich in der Leistungsbilanz niedergeschlagen. Aber auch das anhaltende Niedrigzinsumfeld mache es den Instituten nicht leicht.

Der Bereich Abdeckung aus Schäden durch Naturkatastrophen – vor allem durch Hochwasser und Erdbeben – sei einer, in dem auch die Politik gefordert ist, sagt VVO-Präsident Othmar Ederer. Denn hier könne die Privatwirtschaft nicht allein für Schäden aufkommen. Hier müsse auch die Politik entscheiden, ob eine Abwicklung auf vertraglicher Ebene laufen soll oder über den Katastrophenfonds. Gestemmt werden könnte dieses Thema nur gemeinschaftlich, sagt Ederer. Man arbeite mit der Politik hier zusammen, zeige Risiken auf.

Versicherungsexperte als Minister

Dass als Finanzminister nun ein Versicherungsexperte das Gegenüber ist, helfe eventuell in der Kommunikation. "Weil wir bei den Begriffen, mit denen wir arbeiten, keine Übersetzungsschwierigkeiten auf der anderen Seite haben", erklärt Ederer. Eine Sonderbehandlung aufgrund der Versicherungsvergangenheit von Finanzminister Hartwig Löger erwartet man sich aber nicht. "Wir erwarten uns, dass die Regierung die Zusagen im Regierungsprogramm zügig umsetzt", fasst Ederer zusammen.

Trotz der Herausforderungen gelang den Versicherern ein leichtes Wachstum im Vorjahr. Die Prämieneinnahmen stiegen nach vorläufigen Zahlen um 0,3 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro. Die Lebensversicherung war erneut rückläufig, allerdings weniger stark als 2016. Zuwächse gab es in Schaden-/Unfall- und in der Krankenversicherung. Deutlich höher waren Unwetterschäden.

Die gesamten Versicherungsleistungen sanken im Vorjahr um drei Prozent auf 14,2 Milliarden Euro. Einen deutlichen Zuwachs um mehr als acht Prozent gab es aber bei den Leistungen in Schaden/Unfall. Deutlich gestiegen seien wieder die Schäden aus Naturkatastrophen mit einem Plus von 38 Prozent auf rund 650 Millionen Euro.

Positiver Ausblick

Für heuer werde bei den Einnahmen eine ähnliche Entwicklung wie 2017 erwartet, sagte Ederer. Prognostiziert wird ein Prämienplus über alle Sparten von 1,0 Prozent auf insgesamt 17,3 Milliarden Euro. 2016 waren die Prämieneinnahmen um rund zwei Prozent geschrumpft.

Zum Thema Rücktritte in der Lebensversicherung erklärte Ederer, die Branche bemühe sich um Klarstellungen im Sinne der Kunden. Bei der mit dem VKI erfolgten Lösung sei die Abwicklung nun erfolgt. Einen Run auf die Versicherer habe es nicht gegeben, die Anzahl der Fälle sei überschaubar. Ziel sei ein einheitliches Rücktrittsrecht für alle Sparten.

Beim auch für Versicherungen neuen Thema Cyberrisiko verwies Ederer darauf, dass die Versicherungen hier nur der letzte Teil in der Kette seien können, nach den Herstellern, Softwareanbietern und den Betreibern selbst.

128 Versicherungen in Österreich

Die Kapitalanlagen der Versicherungen erreichten im Vorjahr 111,1 Milliarden Euro. Insgesamt sind in Österreich 128 Versicherungen tätig. Direkt und indirekt (inklusive Versicherungsmakler, -agenten etc.) beschäftigt die Branche rund 60.000 Personen, allein in den Versicherungsgesellschaften waren es rund 27.200 (2016). In Mittel- und Osteuropa erzielten die Versicherungen im Vorjahr in rund 100 Tochtergesellschaften rund 6,5 Milliarden Euro.

In Summe gibt es in Österreich rund 50 Millionen Versicherungsverträge. Rund zehn Millionen davon entfallen auf den Bereich Lebensversicherung, rund drei Millionen in die Sparte Krankenversicherung. Der Rest (37 Millionen) entfalle auf Schaden/Unfall. Über alle Sparten gerechnet gab es im Vorjahr sieben Millionen Schaden-/Leistungsfälle; das sind rund 19.000 pro Tag. Die insgesamt ausgezahlten 14,2 Milliarden Euro entsprächen rund 27.000 Euro pro Minute. (bpf, 8.3.2018)