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Die Aktien an der Wiener Börse hängen stark von der Wirtschaftslage ab. Geht es der Konjunktur gut, geht es auch den Aktien gut.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

STANDARD: Ihr Österreich-Fonds ist seit 2002 am Markt. Abgesehen von der Anfangszeit der Finanzkrise 2007 und 2008 haben Sie kaum schlechte Phasen gehabt. Was ist Ihr Geheimnis?

Wögerbauer: Geheimnis ist übertrieben. Ein Unterschied zu vielen anderen Fonds ist, dass wir wirklich aktives und echtes Stockpicking betreiben, und zwar ohne Scheingefechte. Manche sagen, sie sind aktiv, und verstecken sich dann doch hinter einer Benchmark, von der sie kaum abweichen. In den vergangenen 15 Jahren haben wir unsere Meinung immer konsequent umgesetzt, auch wenn die Abweichungen zum Markt oder zum ATX dabei oft groß sind.

STANDARD: Sie haben also keine Benchmark?

Wögerbauer: Der Markt gibt die Vergleichsmesslatte vor. Das sind die Mitbewerber und der ATX. Ich würde aber nie einen Titel kaufen, nur weil er im ATX ist. Wir hatten Phasen, da waren ATX-Schwergewichte gar nicht im Fonds vertreten. Im Gegenzug haben wir heute auch Titel im Fonds mit sechs, sieben Prozent gewichtet, die gar nicht im ATX sind.

STANDARD: Nach welchen Kriterien wählen Sie Aktien aus?

Wögerbauer: Ich finde, den Wiener Markt kann man nicht mit einer Methodik erfassen. Das ist auch etwas, was uns von anderen Fonds unterscheidet, wo ein Modell erarbeitet wird, nach dem dann investiert wird. Man muss in Wien jedes Segment anders bewerten. Es macht keinen Sinn, Immobilientitel mit denselben Kennzahlen zu bewerten wie etwa eine Versicherung. Jede Branche hat andere Bewertungskriterien. Hier muss man vieles anpassen. Da gibt es nicht ein Modell, mit dem alle Titel bewertet werden können.

STANDARD: Wie oft tauschen Sie Titel im Fonds aus?

Wögerbauer: Das passiert anlassbezogen. Es gibt keine monatliche oder quartalsmäßige Anpassung. Es kann sein – je nach Marktsituation -, dass sich viele Wochen lang nicht viel tut, dann wieder mehr. Das hängt stark vom Marktumfeld ab.

STANDARD: Gibt es Momente, in denen Sie das Gefühl haben, dass der Wiener Markt zu klein ist? Finden Sie immer genug Chancen für Ihren Fonds?

Wögerbauer: Nein. Der Wiener Markt hat aber ein Problem: Es fehlt die gesamte defensive Seite. Wir haben viele zyklische Werte mit den Banken, Versicherungen und Immobilien. Wir haben aber keine Aktien im Bereich Pharma/Gesundheit, Nahrungsmittel und Handel. Der Wiener Markt geht damit dann gut, wenn die Konjunktur gut läuft, weil sie der große Treiber ist. Hier ist auch das konjunkturelle Umfeld in Osteuropa sehr wichtig, von dem der Wiener Markt ebenfalls stark abhängt. In Phasen einer schlechten Konjunktur kann man sich als Fondsmanager am Wiener Markt schlecht verstecken, hier fehlen eben die defensiven Branchen.

"Ich folge Trump auf Twitter. Das führt oft zu Kopfschütteln und Amüsement, ist aber wichtig zur Meinungsbildung."
Foto: Eric Kruegl

STANDARD: Stichwort Konjunktur. Sie haben viele Industrietitel im Fonds. Wie sehr besorgt Sie die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump?

Wögerbauer: Aus meiner Sicht ist es noch nicht so weit, dass wir eine große Änderung der Allokation einleiten. Aber es ist schon wichtig, genau zu beobachten, welche Pläne er äußert. Die Effekte auf Einzeltitel muss man sich natürlich anschauen. Die Frage ist, ob das, was hier passiert, und die Gegenreaktionen das Wachstum der Weltwirtschaft einschränken. Wenn das passiert, müssten wir das eine oder andere zyklische Investment hinterfragen. Aus meiner Sicht ist es aber noch nicht so weit.

STANDARD: Das heißt, Sie folgen Trump auf Twitter?

Wögerbauer: (lacht) Ja, ich bin einer seiner Follower. Das führt oft zu Kopfschütteln und Amüsement. Aber es ist wichtig zur Meinungsbildung. Wobei man schon sagen muss, dass der Einfluss der Politik auf Wirtschaft und Märkte in den vergangenen Jahren doch sehr überschätzt wurde. Fakt ist, dass wir heuer ein Weltwirtschaftswachstum von 3,7 bis 3,9 Prozent haben. Wer hätte denn das vor ein paar Jahren geglaubt? Ich verwende mehr Zeit darauf, die Firmen und ihr Geschäft zu verstehen, als über Politik zu philosophieren. Denn mit der Digitalisierung und demografischen Veränderungen gibt es auch Dinge, die noch da sind, wenn der Herr Trump nicht mehr Präsident ist.

STANDARD: Zuletzt gab es eine ordentliche Korrektur an den Börsen. Ist das ein Signal, dass die jahrelange Börsenparty zu Ende geht?

Wögerbauer: Die Frage, was an den Börsen normal und nicht normal ist, ist schwierig. Das Jahr 2017 war in all seinen Facetten anormal, es gab kaum Schwankungen. Damit entsteht ein gewisser Gewöhnungseffekt. Korrekturen gehören aber dazu. Blickt man etwa beim Dax 20, 30 Jahre zurück, sieht man, dass es im Schnitt innerhalb eines Jahres eine Korrektur von 17 Prozent gab. Die Korrektur ist im historischen Kontext also völlig normal. 2018 wird aber das Jahr der Trendwende bei den Notenbanken. Wir haben seit zehn Jahren eine Ausweitung der Geldmenge. Von 2008 bis 2017 haben die drei führenden Notenbanken – Fed, EZB und Bank of Japan – alleine 10.000 Milliarden Dollar in Anleihenkäufe gesteckt. Das war ein Rückenwind für viele andere Assetklassen. Jetzt werden die Bilanzsummen in den Notenbanken langsam geschrumpft. Damit lässt der Rückenwind nach. Das ist aber der richtige Weg. Wir müssen die Abhängigkeit von den Notenbanken wieder zurückdrängen.

Alois Wögerbauer ist Chef der 3 Banken Generali Investment KAG. Er verantwortet den 3-Banken-Österreich-Fonds, der von Morningstar als bester Österreich-Fonds ausgezeichnet wurde. (INTERVIEW: Bettina Pfluger, 22.3.2018)