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Beim VW-Betrug mit fingierten Abgaswerten im Jahr 2015 wäre eine EU-weite Regelung zu Sammelklagen für PKW-Besitzer hilfreich gewesen.

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Wien/Brüssel – Zweieinhalb Jahre nach dem VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte durch spezielle Software kämpfen Konsumenten quer durch Europa nach wie vor darum, wie sie vom deutschen Automobilkonzern entsprechende finanzielle Entschädigung erhalten könnten. Das erweist sich zum Teil als schwierig, denn das Instrument von Sammelklagen wie etwa in den USA funktioniert in EU-Ländern nicht oder nur unter hohem Aufwand. Geht es nach der für den gemeinschaftlichen Konsumentenschutz zuständigen EU-Kommissarin Vera Jourová, soll sich das noch rechtzeitig vor den Europawahlen im Frühjahr 2019 ändern.

Sie wird am Mittwoch einen Gesetzesentwurf in das Kollegium in Brüssel einbringen, der eine deutliche Steigerung der Sanktionen bzw. der Rechte der EU-Bürger in diesem Bereich mit sich bringen kann: wenn die Regierungen der Mitgliedsstaaten das bis Anfang 2019 mit dem EU-Parlament auch beschließen. Wie sie der Welt vorab bestätigte, sieht ein Gesetzesentwurf vor, dass Firmen bei Verstößen, die Verbraucher in mehreren Ländern betreffen, von der Kommission mit Strafen in Höhe von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes belegt werden können.

Zusätzliche nationale Maßnahmen

Über dieses EU-weit harmonisierte Maß hinaus sollen nationale Behörden "wirksame, ausgewogene und abschreckende Sanktionen" verhängen können – zusätzlich. Laut Jourova würde das etwa beim VW-Abgasskandal zutreffen, aber auch in Fällen wie Ryanair. Der irische Billigflieger hatte vor kurzem mit der unvermittelten Streichung von 2000 Flügen für Aufregung gesorgt. Im VW-Skandal hatte die deutsche Regierung verlangt, dass der Konzern die betroffenen Fahrzeuge technisch nachrüsten muss. Zusätzliche Entschädigungen für die Käufer sind jedoch nicht eingeplant.

Damit einzelne Bürger in Zukunft bei "Massenschäden" leichter zu ihrem Recht kommen, ohne hohe Kosten für Rechtsvertretung riskieren zu müssen, sehen die Pläne der EU vor, ein gesamteuropäisches Modell für Sammelklagen zu entwickeln. In diesem Fall könnten Konsumentenschutzverbände oder andere Organisationen gegen Unternehmen vor Gericht ziehen, um Geschädigte in Gruppen zu vertreten. Die Pläne der Kommission gehen über vergleichbare Entwürfe in Deutschland bei der Musterfeststellungsklage hinaus. Klagsfähig soll sein, wenn die Schäden von Einzelfällen vergleichbar sind und die Identität der geschädigten Konsumenten bekannt ist.

Kritik der Liste Pilz

In Österreich kritisierte der Fraktionschef der Liste Pilz, Peter Kolba, die Vorlage der EU-Justizkommissarin bzw. die Pläne, strenge Sanktionen in die Hände nationaler Regierungen zu legen. "In Österreich würde nur minimal umgesetzt werden, und es würde über höhere Strafen gar nicht nachgedacht", zum Schaden der Konsumenten, zum Nutzen der Konzerne, erklärte Kolba dem Standard. Er hatte sich vor dem Einzug ins Parlament beim VW-Skandal 2015 als Chefjurist des Vereins für Konsumentenschutz (VKI) um Sammelklagen bemüht. Die VP-FP-Regierung verfolge das Prinzip des "Gold Plating", wolle EU-Regelungen minimal erfüllen, er sehe daher die Gefahr eines "Etikettenschwindels".

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat den Mobilfunker "3" bei Preiserhöhungen gebremst. "3" dürfe nicht ohne jegliche inhaltliche Beschränkung die Handytarife erhöhen, teilte der VKI mit. (Thomas Mayer, 19.4.2018)