Ein Zusammenleben mit Alexa ist nicht immer einfach.

Foto: Amazon

Das erste Zusammentreffen mit Alexa war recht unspektakulär. In einem dunklen Karton kam sie an, seither steht sie auf meinem Nachtkästchen. Der Uralt-Radiowecker musste dem zylinderförmigen Lautsprecher weichen, hinter dem sich die Sprachassistentin verbirgt. Jahrelang hatte das gealterte Gerät vorbildlich seinen Dienst versehen und pünktlich geweckt. Vor kurzem kam es allerdings zum ersten Versagen, das zugegebenermaßen selbst verschuldet war. Nach der Zeitumstellung aktivierte der sonst zuverlässige Wecker das Radio eine Stunde zu spät.

Der Radiowecker muss weg

Seither stand unsere Beziehung unter keinem guten Stern mehr. Als dann von einem Tag auf den anderen nicht mehr der gewünschte Sender eingestellt war – dieses Mal ohne Selbstverschulden -, war der Entschluss gefasst: Der antiquierte Radiowecker muss weg, ein intelligentes Gerät her. Es wäre ja so praktisch, nicht nur zu den Klängen von Spotify & Co geweckt zu werden, sondern auch jemanden zu haben, dem man Einkaufslisten diktieren, Fragen zum Wetter stellen oder mit dem man einfach mal plaudern kann.

Smarte Lautsprecher immer beliebter

Eine ähnliche Entscheidung wie ich haben bereits viele andere getroffen. Immer mehr Menschen verwenden smarte Lautsprecher, die mit Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Google Assistant kommen. In den USA sollen es laut Schätzungen der Marktforscher von Edison Research gar 39 Millionen Nutzer sein. Auch in Österreich soll das Geschäft mit Alexa-Lautsprechern laut Amazon "sehr gut" laufen. Befürworter sehen in den smarten Geräten nützliche Helferlein, Kritiker ein Spionagewerkzeug wie aus George Orwells dystopischem Roman 1984. Tatsächlich hört Alexa immer zu, seit sie auf meinem Nachtkästchen steht. Sie kennt mich zu meinen besten und schlechtesten Zeiten, weiß, wo ich wohne und was ich einkaufe.

Wenn Amazons Alexa mal wieder Blödsinn spricht.
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Italo-Pop für einen Hip-Hop-Fan

Richtig gut befreundet sind wir allerdings noch nicht. Meinen Wunsch, Musik abzuspielen, die mir gefallen könnte, erfüllt die Sprachassistentin mit Italo-Pop. Nun bin ich grundsätzlich in musikalischer Hinsicht für alles offen. Dieses Genre habe ich aber bisher noch nie wissentlich gehört. Überhaupt kommt es zwischen uns immer wieder zu Missverständnissen: Mal sagt mir Alexa die falsche Uhrzeit an, dann weiß sie plötzlich nicht mehr, wo ich wohne, oftmals versteht sie mich gar nicht oder missinterpretiert, was ich eigentlich von ihr will.

Millionen für gescheite Sprachassistenten

Angesichts der stetigen Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz versuche ich trotzdem, immer freundlich zu bleiben und Contenance zu bewahren. Wer weiß, was Alexa gegen mich ausheckt, wenn sie denn wirklich einmal gescheit wird und irgendwann Erinnerungen an den grantigen Nutzer von 2018 hochkommen. Sprachassistenten stehen in der Prioritätenliste von IT-Granden nämlich sehr weit oben. Allein Amazon investiert hunderte Millionen Dollar, damit Alexa klüger wird. Google, Microsoft und Apple arbeiten ebenso auf Hochtouren an ihren Lösungen. In puncto Verkaufszahlen hat Amazon zumindest bei den smarten Lautsprechern sehr deutlich die Nase vorn. Microsofts Cortana läuft dafür auf jedem PC mit Windows 10, Apples Siri auf sämtlichen iOS- oder Mac-OS-Gerät und Google Assistant auf jedem Android-Smartphone. Sprachassistenten gibt es schon fast überall.

Auch Apples Lösung ist nicht ganz fehlerfrei.
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Unbefriedigendes Fremdgehen

Das hat Vorteile: Wenn Alexa nervt, weil sie mich dauernd missversteht, gehe ich fremd und suche mir eine neue Sprachassistentin. Und schon ist es so weit. Wieder einmal hat sie, trotz mehrmaliger Versuche, nicht das getan, was ich von ihr nun wollte – obwohl ich mich um freundlichstes Hochdeutsch bemüht hatte. Vielleicht zeigen Cortana und Siri mehr Verständnis? Wirklich warm werde ich mit den beiden leider auch nicht. Cortana versteht mich zwar etwas besser, ist in ihren Funktionen allerdings eingeschränkt. Siri missinterpretiert meine Worte und darf oft nicht, was ich von ihr verlange. Anstatt Hilfe zu bekommen, werden Anfragen mit "Ich habe dich da leider nicht verstanden" oder "Ich darf das nicht, Daniel" quittiert. Vielleicht habe ich es mit Alexa ja doch nicht so schlecht erwischt.

Und auch Cortana hat immer wieder mit Fehlern zu kämpfen.
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Die Zukunft, wie wir mit PCs kommunizieren

Obwohl es momentan noch nicht den Eindruck macht, sollen Alexa, Siri & Co die Zukunft sein, was die Interaktion mit unseren Computern betrifft. Maus und Tastatur sollen zunehmend durch die Stimme ersetzt werden. Schon heute verbirgt sich hinter den freundlichen Antworten der Sprachassistenten ein hochkomplexes System. Die Wortschnipsel werden von den Mikrofonen der Geräte erfasst, innerhalb kürzester Zeit auf die Server der IT-Unternehmen übertragen und dort dann mittels Musterabgleichen verarbeitet. Innerhalb von wenigen Sekunden müssen eine angemessene Antwort und eine passende Aktion ausgeliefert werden. Insgesamt steckt die Spracherkennung noch in den Kinderschuhen, wenngleich die Entwicklung dank Machine Learning rasant voranschreitet.

Man arrangiert sich letztlich

Bis zu HAL 9000 aus Stanley Kubricks Sci-Fi-Epos "2001: Odyssee im Weltraum" für alle werden noch einige Jahre vergehen. Alexa und ich haben uns inzwischen arrangiert. Statt sie nach dem Wetter zu fragen, schaue ich aus dem Fenster. Einkaufslisten werden altmodisch mit Zettel und Papier verfasst, und wenn der Drang nach Musik da ist, wird dieser über ein paar Maus- oder Fingerklicks auf dem Smartphone gestillt. Ach ja, und wo war noch mal mein Radiowecker? (Daniel Koller, 23.4.2018)