Berlin – Es ist 23 Jahre her, aber SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles erinnert sich sicher noch. "Zieht euch warm an!", rief Oskar Lafontaine 1995 beim denkwürdigen SPD-Parteitag der Basis zu, hielt eine fulminante Rede und entriss in einer Kampfkandidatur dem drögen Rudolf Scharping den Parteivorsitz. Gefeiert für seinen Coup wurde Lafontaine damals auch von Juso-Chefin Nahles.

Jetzt ist Nahles dran. Am Sonntag wird sie nach einem schwierigen Jahr in Wiesbaden zur neuen Parteichefin gewählt und treibt die Erneuerung der SPD voran. So zumindest sah es der Plan der SPD-Spitze vor. Doch dann meldete die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange aus Frust ihre Gegenkandidatur an.

Lange kommt an der Basis durchaus gut an, sie ist die frische Stimme gegen das Establishment. Allerdings hat sie keinerlei Unterstützung im Bundesvorstand.

Hürde von 75 Prozent

Dennoch ist man dort nervös. Sollte Nahles aufgrund der Gegenkandidatur weniger als 75 Prozent der Stimmen bekommen, wäre dies ein herber Schlag und würde sie sehr schwächen.

Dabei will sich Nahles als Fraktions- und Parteichefin zum Kraftzentrum der SPD außerhalb der Regierung aufbauen – auch, um sich als nächste Kanzlerkandidatin zu positionieren. "Ich glaube, ich kann das, und ich kann das auch im Team mit anderen zu was Gutem machen", sagt sie über den Parteivorsitz, der zum ersten Mal in der 155-jährigen Geschichte der SPD an eine Frau gehen wird.

Zum Parteitag kommt auch ihr Vorgänger Martin Schulz. Er war beim Parteitag im März 2017 noch triumphal gefeiert und mit 100 Prozent gewählt worden. (bau, 21.4.2018)