Wien – Österreichs Unternehmen zäumen das Pferd von hinten auf, wenn es um Digitalisierung geht. Zu dieser Diagnose kommt der Gläubigerschutzverband KSV 1870 nach einer Umfrage unter mehr als 1000 teilnehmenden Firmen im März. Demnach fühlen sich zwar mehr als drei Viertel der Betriebe gut über Digitalisierung informiert und wollen heuer vor allem in ihre IT investieren – setzen aber laut KSV-Vorstand Ricardo-José Vybiral den Hebel an der falschen Stelle an, nämlich bei bestehenden Abläufen.

"Wenn man die Ergebnisse kritisch betrachtet, merkt man, dass sich die Unternehmen stark auf Prozessoptimierung fokussieren", sagt Vybiral. "Prozesse besser zu machen ist aber keine Digitalisierungsstrategie. Das ist bedenklich." Vielmehr sollten die Bedürfnisse der Kunden und die Schnittstellen zu ihnen stärker in den Vordergrund rücken, wie es von vielen Start-ups vorgelebt werde. Speziell die Nutzung sozialer Netzwerke und mobilen Internets, etwa durch Firmen-Apps, würden mehr Aufmerksamkeit vertragen. Andernfalls sieht Vybiral die Gefahr, dass heimische Unternehmen wichtige Entwicklungen oder neue Geschäftsfelder verschlafen würden.

Auch beim Inkrafttreten der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), mit der die EU einen einheitlichen Rechtsrahmen schaffen will, entspricht die Selbstwahrnehmung laut dem KSV-Vorstand oft nicht den Tatsachen. Denn mehr als zwei Drittel der Firmen geben an, alle Auflagen bis zum Stichtag, dem 25. Mai, erfüllen zu können, allerdings haben bisher erst 13 Prozent ein sogenanntes internes Verfahrensverzeichnis, gewissermaßen Grundlage für DSGVO-Fitness, erstellt. "Das klafft auseinander", sagt Vybiral. Dabei sei "das Thema Datenschutz ein besonders heißes, weil die Uhr tickt".

Blendend ist die Stimmung, was Investitionen generell betrifft: 43 Prozent der Unternehmen wollen dafür heuer mehr Geld in die Hand nehmen und bloß 13 Prozent ihre Investitionen drosseln. Auffallende Zurückhaltung herrscht in Vorarlberg, was auf viele vorgezogene Investition in jüngerer Vergangenheit zurückzuführen sei. (aha, 25.4.2018)