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Die Krebse müssen weg.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

"Bohaa, bitte, was ist das denn?" Derlei überraschte Ausrufe und durchaus auch Schreckensschreie waren im Sommer 2017 im Berliner Tiergarten zuerst vereinzelt und dann immer öfter zu hören. Dass Kaninchen sowie Füchse und dazu natürlich jede Menge Krabbeltiere im zentralen Park der deutschen Hauptstadt zu Hause sind, ist allgemein bekannt.

Doch 15 Zentimeter lange, rote amerikanische Sumpfkrebse mit zackigen Scheren hatte man bis dato zwischen Brandenburger Tor und Bahnhof Zoo oder an der Siegessäule noch nicht gesehen. Denn der Procambarus clarkii ist vor allem im Süden der USA und in Nordmexiko heimisch.

Wie er von dort ins Zentrum Berlins kam, ist bis heute unklar. Die Behörden vermuten, dass ein paar Exemplare von einem Aquarienbesitzer, der sie loswerden wollte, ausgesetzt wurden. Blöderweise haben sich Tiere dann prächtig vermehrt, da sie anspruchslos sind und keine natürlichen Feinde haben. Gefährlich für den Menschen sind die Krebse nicht, aber sie können eine Pilzerkrankung übertragen, die andere Arten gefährdet, weshalb sie auf der "Liste der unerwünschten Spezies" der EU stehen.

"Tiergarten-Hummer"

Einsammeln und anderswo aussetzen war daher keine Option, also entschied man sich für Einsammeln und schreddern der rund 200 Tiere. Das war zumindest die Anzahl, von der Experten ausgingen. Es fanden sich dann 4000 Exemplare in den Netzen. Die Vernichtung war aber auch keine befriedigende Lösung, zumal die Viecher anderswo als Delikatessen gelten und im Internet schon die besten Rezepte für die "Tiergarten-Hummer" kursierten.

Doch nun hat man – nach Gesundheits- und Hygieneprüfung – eine Lösung gefunden, die die fleischlastige Berliner Speisekarte (Stichwort: Eisbein, Berliner Leber mit Zwiebeln) etwas aufpeppen könnte: Ein kleiner Familienbetrieb bekam die Erlaubnis, die Krebse einzufangen und zum Verzehr an Gastronomen und Privatpersonen zu verkaufen.

"Das Fangrecht wurde zunächst bis Ende 2018 vergeben, aber ob wir die Krebse jemals wieder ganz wegbekommen, wissen wir nicht", satt Derk Ehlert, Wildtierexperte des Landes Berlin zum STANDARD. Wie viele noch da sind, ist auch unklar. "Sicher mehrere Tausend", schätzt Ehlert. Eines allerdings ist nicht erlaubt: dass die Bevölkerung sich selbst zum Krebsesammeln aufmacht. Das nämlich wäre Wilderei. (Birgit Baumann aus Berlin, 8.5.2018)