Wiesbaden/Tunis – Mehr als ein Jahr nach seiner Festnahme hat Deutschland den als islamistischen Gefährder eingestuften Tunesier Haikel S. in seine Heimat abgeschoben. Der 37-Jährige sei "den dortigen Behörden übergeben" worden, erklärte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Mittwoch. Erst am Montag hatte das deutsche Verfassungsgericht die Abschiebung endgültig gebilligt.

Der Tunesier war Anfang Februar 2017 festgenommen worden. Ihm wurde damals auch vorgeworfen, in Deutschland ein Netzwerk für einen Anschlag aufgebaut zu haben. Konkrete Pläne gab es nach Ermittlerangaben aber noch nicht. Der Mann soll zudem mitverantwortlich für den Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis sein, bei dem im März 2015 in der tunesischen Hauptstadt 21 ausländische Touristen getötet wurden. Zu der Tat bekannte sich die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Bedingungen

Um die Abschiebung des Mannes gab es ein monatelanges juristisches Tauziehen. Im September entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass S. grundsätzlich abgeschoben werden darf, knüpfte dies aber an Bedingungen. Das Gericht verlangte eine Zusicherung Tunesiens, dass ihm im Fall einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Möglichkeit gewährt werde, die Strafe mit der Aussicht auf eine Herabsetzung der Haftdauer zu überprüfen.

Im März stellte das Bundesverwaltungsgericht unter Berufung auf Angaben des Auswärtigen Amts fest, es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass S. in Tunesien die Verhängung der Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe drohe. Ihm drohe aber aufgrund eines dort "seit Jahren bestehenden Moratoriums" nicht die Vollstreckung der Todesstrafe. Zudem drohe ihm keine Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung.

"Nichts unversucht gelassen"

Das Bundesverfassungsgericht entschied am Montag, dass islamistische Gefährder auch dann abgeschoben werden dürfen, wenn ihnen im Zielland die Todesstrafe droht, diese aber nicht vollstreckt wird. Auch die Karlsruher Richter verwiesen in diesem Zusammenhang auf das seit 1991 geltende Moratorium. Auch mit Blick auf die Chancen zur Wiedererlangung der Freiheit in Tunesien war die Abschiebung nach Ansicht Karlsruhes zulässig.

Beuth erklärte nach der Abschiebung, Hessen habe "nichts unversucht gelassen, den Gefährder in sein Herkunftsland zurückzuführen". "Die heutige Rückführung zeigt, dass es trotz des langwierigen Verfahrens möglich ist, ausländische Straftäter und gefährliche Islamisten auch konsequent abzuschieben", fügte der hessische Innenminister hinzu. Der Präzedenzfall werde "hoffentlich in Zukunft auch die Verfahrensdauer deutlich senken". (APA, 9.5.2018)