Wien – Harsche Kritik am milliardenschweren Ausbau des Bahnnetzes in Österreich und Europa übt der EU-Rechnungshof. Als "nationalen Fleckerlteppich" bezeichnete der Vertreter Österreichs im EU-Rechnungshof, Oskar Herics, den in vier Abschnitte gegliederten Brennerkorridor zwischen München und Verona mit seinem Herzstück, dem Brennerbasistunnel (BBT).

Es gebe keine koordinierte Strategie der drei Länder zum Ausbau der Zulaufstrecken. Österreich habe nicht einmal die Verkehrsprognosen mit Deutschland und Italien abgestimmt, zitiert die Parlamentskorrespondenz Herics nach dem Vortrag im Rechnungshofausschuss des Nationalrats.

Es werde zumindest bis 2040 keine gesamthaft funktionierende Strecke geben. Daher sei nur eine sehr eingeschränkte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße in den BBT zu erwarten, warnt Herics. Um die Kapazitäten des BBTs, der laut der Errichtungsgesellschaft BBT-SE in neun Jahren fertiggestellt sein soll und mindestens zehn Milliarden Euro kosten wird, nutzen zu können, bräuchte es funktionierende "Zulaufstrecken" in Deutschland und Italien.

Genau hier rührt sich aber wenig bis gar nichts: "Es gibt in Deutschland und teilweise in Italien weder konkrete Trassenplanungen noch Kostenschätzungen. Wir haben an vielen Stellen gefragt und sind nirgendwo fündig geworden", beklagte der EU-Rechnungshofprüfer jüngst im Trend.

Tatsächlich gibt es vage Absichtserklärungen, aber weder in Berlin noch in Rom hat das Projekt Priorität. Die 180 Kilometer vom BBT bis Verona müssten, um systemkompatibel zu sein, teils untertunnelt werden, was weitere zehn Milliarden Euro kosten würde, die das hochverschuldete Italien nicht im Haushalt hat. (ung, 11.5.2018)