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In den USA sind die Zinsen bereits merklich gestiegen – keine einfache Situation für Anleihenbesitzer.

Foto: AP Photo/Kathy Willens

Wien – Anleihebesitzer konnten während der vergangenen Jahre feine Geschäfte machen: Die Zinsen fielen – der Europäischen Zentralbank sei Dank -, und die Zinspapiere im Depot gewannen an Wert. Da die Zinsen in den letzten zwei Dekaden deutlich gesunken sind, waren Veranlagungen in Staatsanleihen sehr lukrativ, erläutert Horst Simbürger, Geschäftsführer der Convertinvest Financial Services und Portfolio-Manager.

"Die Zinsen für zehnjährige deutsche Staatsanleihen erreichten im Jahr 2006 sogar einen Tiefststand von nahezu minus 0,6 Prozent. Anleger waren quasi bereit, dem deutschen Staat pro Jahr 0,6 Prozent für dessen Staatshaushalt zu 'bezahlen' – eine Situation, die noch vor einiger Zeit absurd anmutete", erläutert Simbürger. Noch stärker war dieser Effekt bei Unternehmensanleihen, da hier zusätzlich die zu bezahlenden Risikoprämien auch noch gesunken sind. Anleger konnten in den letzten zehn Jahren je nach Risikoneigung jährliche Renditen von fünf bis neun Prozent erzielen.

Doch jetzt droht Gefahr: "In den USA sind bei den Zehnjährigen die Zinsen mittlerweile auf knapp drei Prozent gestiegen, Deutschland hält aktuell bei rund 0,6 Prozent, und Österreich liegt bei 0,8 Prozent. Nachhaltige Kursgewinne bei Anleihen gehören damit der Vergangenheit an. Ein Zinsanstieg bei zehnjährigen deutschen Staatsanleihen um ein Prozent auf 1,5 Prozent würde den Kurs der Anleihen um zehn Prozent abstürzen lassen", warnt der Experte.

Fixe Zinsen, variabler Preis

Der Mechanismus ist einfach erklärt: "Damit bestehende Anleihen dieselbe Rendite abwerfen wie neu auf den Markt gekommene und höher verzinste Anleihen, muss der Preis der Anleihe reagieren – die Zinsen sind ja fixiert", sagt der Convertinvest-Geschäftsführer. "Je länger also die Laufzeit, umso stärker wirkt sich der sogenannte Zinsänderungseffekt aus", erklärt Simbürger.

Weitgehend unbegründet erscheint hingegen die Angst der Aktionäre vor steigenden Zinsen. "Veranlagungen folgen dem Risiko-Ertrags-Gedanken. Mit anderen Worten: Je höher die Zinserträge auf 'sichere' Staatsanleihen sind, desto weniger risikobereit sind Anleger. Weniger Risikobereitschaft bedeutet in der Theorie weniger Aktien in der Veranlagung", sagt der Anlageexperte. "Man muss hier jedoch unterscheiden, aus welchem Grund die Zinsen steigen – in der Historie waren anziehende Zinsen nämlich tendenziell auch von steigenden Aktienkursen begleitet."

Steigen die Zinsen aufgrund einer restriktiveren Notenbank, aufgrund konjunktureller Überhitzungstendenzen und hoher Inflationsraten, sind Aktien doppelt betroffen, sagt Simbürger: "Zum einen gehen solche Szenarien mit einer Abschwächung der Konjunktur und sinkenden Gewinnen einher, zum anderen werden Anleihen wegen der höheren Zinsen attraktiver. Aktuell steigen die Zinsen moderat, vor allem die US-Notenbank wird heuer weitere Zinsschritte setzen; die EZB wird damit nach eigener Aussage noch bis Mitte 2019 zuwarten."

Die Zinsmaßnahmen dienen dazu, langsam wieder einen "Normalzustand" herzustellen; eine Konjunkturüberhitzung ist kein Thema, weshalb auch die Unternehmensgewinne weiter steigen sollten – in diesem Umfeld federn die höheren Unternehmensgewinne die negativen Zinseffekte ab, meint Simbürger.

Kürzere Laufzeiten

Was bedeutet das für Anleger? "Bei Staatsanleihen kann man den Zinsänderungseffekt durch kürzere Laufzeiten deutlich reduzieren", sagt der Experte. Das Umfeld für Aktien sollte positiv bleiben, die aktuelle Kursrallye ist jedoch schon in die Jahre gekommen, und Bewertungen waren schon günstiger, meint der Convertinvest-Chef. "Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnten Wandelanleihen sein. In den letzten 15 Jahren haben Wandelanleihen nahezu dieselben Renditen wie Aktien abgeliefert, mit weniger als der halben Schwankungsbreite."

Warum ist das so? "Wandelanleihen sind quasi ein Hybrid zwischen Anleihen und Aktien, sie haben in der Regel kurze risikoadjustierte Restlaufzeiten, und sie profitieren von steigenden Aktienkursen. In der Vergangenheit partizipierten sie nach oben zu rund zwei Dritteln an Kursanstiegen bei Aktien, nach unten aber nur zu einem Drittel. Man spricht hier von einem konvexen Auszahlungsprofil", sagt Simbürger. Sein Fazit: "Für risikobewusste heimische Anleger könnten sich Wandelanleihen quasi als Königsweg anbieten." (Reinhard Krémer, 20.5.2018)