Wer wird diesmal den Fifa-WM-Pokal in die Höhe stemmen? Statistiker haben Brasilien knapp vorne.

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Für die globale Wettspielindustrie ist es selbstverständlich das Turnier des Jahres: Bei der am 14. Juni beginnenden Fussballweltmeisterschaft werden Dutzende Anbieter hunderte Millionen Menschen zu Mitspielern machen – und vermutlich die Mehrheit von ihnen unter dem Strich zu Verlierern. Schließlich wollen die Buchmacher und Wettanbieter selbst Geld verdienen.

"Aus diesem Grund setzen sie ihre Quoten möglichst realistisch fest und berücksichtigen dabei neben historischen Daten auch die Turnierauslosung sowie kurzfristige Ereignisse wie etwa Spielerausfälle", sagt Achim Zeileis vom Institut für Statistik der Universität Innsbruck. Diese Quoten lassen sich auch wissenschaftlich weiterverarbeiten, was Zeileis bereits mehrfach getan hat.

Der Statistiker hat hat mit Kollegen von der WU Wien im Vorfeld mehrere Fußball-Großereignisse auf Basis der Wettanbieter die Gewinnwahrscheinlichkeiten durchgerechnet – und lag dabei immer recht gut: Mit ihrem auf Buchmacherquoten basierenden statistischen Modell prognostizierten sie zum Beispiel den richtigen Weltmeister Spanien bei der WM 2010 und drei von vier Halbfinalisten bei der WM 2014 in Brasilien.

Buchmacher-Konsensus-Modell

Und auch heuer legen die Forscher wieder ihre Prognosen vor, die auf dem sogenannte Buchmacher-Konsensus-Modell basieren bzw. auf den Quoten von 26 Online-Wettanbietern. Kombiniert mit komplexen statistischen Rechenmodellen ermöglicht das eine Simulation aller möglichen Spielvarianten und Ergebnisse, indem die Statistiker das gesamte Turnier millionenfach komplett durchspielen und wiederholt von der Gruppenphase über Viertel- und Halbfinalpaarungen letztlich zum Finale kommen.

Die Favoriten: Brasilien und Deutschland

Das konkrete Ergebnis der Simulationen: Im Finale um den Fußballweltmeistertitel werden diesmal am wahrscheinlichsten Brasilien und Deutschland bestreiten. Die beiden Mannschaften liegen mit ihren Gewinnwahrscheinlichkeiten nahezu gleichauf: 16,6 Prozent für Brasilien versus Deutschland mit 15,8 Prozent.

"Das wahrscheinlichste Finale mit einer Wahrscheinlichkeit von 5,5 Prozent ist auch ein Aufeinandertreffen dieser beiden Teams. Hier könnten die Brasilianer das dramatische Halbfinale von 2014 wieder gutmachen", sagt Zeileis. Wie dieses Finale ausgeht, wenn es dazu kommt, ist allerdings auch statistisch völlig offen: Hier liegt die Gewinnwahrscheinlichkeit für Brasilien bei gerade einmal 50,6 Prozent.

Die Ko-Favoriten: Spanien und Deutschland

Hinter den beiden Topfavoriten Deutschland und Brasilien rangieren zwei weitere Teams mit sehr guten Chancen: Spanien (12,5 Prozent) und Frankreich (12,1 Prozent). Die wahrscheinlichsten Halbfinal-Paarungen sind daher auch Brasilien gegen Frankreich (9,4 Prozent) und Deutschland gegen Spanien (9,2 Prozent), wobei aus diesen Paarungen eben Brasilien und Deutschland etwas wahrscheinlicher als Sieger hervorgehen dürften.

Die Wahrscheinlichkeiten der jeweiligen Teams, Fussballweltmeister 2018 zu werden.
Grafik: Zeileis et al. 2018

"Unser Modell hat im Vergleich zu allen anderen den Vorteil, dass es sowohl Gewinn- als auch ‚Überlebens’-Chancen für jede einzelne Mannschaft liefert", sagt Zeileis. "Von einer 100 Prozent sicheren Prognose sind wir aber weit entfernt."

Kleinigkeiten, die Prognosen zerstören

So war bei der EURO 2016 die wahrscheinlichste Prognose, dass Gastgeber Frankreich Mitfavorit Deutschland im Halbfinale schlägt und danach auch das Finale gewinnt. "Hätte Gignac in der 92. Minute gegen Portugal das Tor und nicht nur den Pfosten getroffen, wären wir mit dieser Einschätzung genau richtig gelegen", sagt Achim Zeileis. Es kam aber anders, und Portugal siegte in der Verlängerung.

Das illustriere, wie im Fußball oft Kleinigkeiten den entscheidenden Unterschied ausmachen können, weshalb Vorhersagen mit hohen Wahrscheinlichkeiten nicht gemacht werden können, sagt Zeleis. Und: "Es liegt in der Natur von Prognosen, dass sie auch danebenliegen können – sonst wären Fußball-Turniere auch sehr langweilig." (red, 30.5.2018)