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Sebastian Kurz will kommende Woche den umstrittenen US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, treffen. Dieser hat die EU scharf kritisiert und angekündigt, sich in die europäische Politik einmischen zu wollen.

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Wien – SPÖ und Grüne üben scharfe Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen seiner Absicht, kommende Woche den umstrittenen neuen US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, zu treffen. SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried und der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon forderten Kurz am Dienstag auf, das Treffen abzusagen.

Leichtfried warf dem Kanzler vor, einen diplomatischen Eklat mit Deutschland zu verursachen und die guten Beziehungen zu gefährden. "Er schlägt sich auf die Seite jener, die die EU schwächen und spalten wollen", kritisierte Leichtfried mit Blick auf Aussagen Grenells auf der rechten Plattform "Breitbart", sich in die europäische Politik einmischen zu wollen, um "Konservative in ganz Europa zu stärken". Er wolle europäischen Ländern ihre Souveränität "zurückgeben" und sehe Kanzler Kurz als "Rockstar".

"Affront gegen Deutschland"

Reimon sprach ebenfalls von einem "Affront gegenüber Deutschland". Kurz' Treffen mit Grenell "wirft ein schlechtes Licht auf Österreich vor der EU-Ratspräsidentschaft", schrieb er. "Bundeskanzler Kurz hat eine Vorliebe für autoritäre Führungspersönlichkeiten", kritisierte Reimon die angebliche Absicht des Kanzlers, "sich mit der Trump-Truppe zu verhabern".

Ärger in Berlin

Grenells Treffen mit Kurz sorgt vor allem in Deutschland für Aufregung. Außenminister Heiko Maas sagte am Dienstag, es gebe mit Grenell "einiges zu besprechen". Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz sprach sich für eine Ablösung Grenells aus und betonte: "Ich hoffe, dass der Kurz-Besuch zu einem Kurz-Aufenthalt von Herrn Grenell in seiner Funktion als Botschafter in Deutschland führt." Zuvor hatte er dem Botschafter das Benehmen eines "rechtextremen Kolonialbeamten" attestiert.

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte die sofortige Ausweisung Grenells. "Wer wie US-Botschafter Richard Grenell meint, nach Gutsherrenart bestimmen zu können, wer in Europa regiert, der kann nicht länger als Diplomat in Deutschland bleiben", sagte Wagenknecht der "Welt". "Wenn die Bundesregierung die demokratische Souveränität unseres Landes ernst nimmt, sollte sie Grenell nicht zum Kaffeeplausch einladen, sondern umgehend ausweisen."

Kritik auch in der CDU

Kritisch äußerte sich auch der für Außen- und Sicherheitspolitik zuständige CDU-Politiker Johann Wadephul. "Wir erwarten, dass der US-Botschafter die Interessen seines Heimatlandes vertritt und jede Beteiligung in politische Meinungsbildung in Deutschland unterlässt", sagte der stellvertretende Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag. "Alles andere wäre eine nicht akzeptable Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten."

Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal erklärte am Montag der APA, dass Kurz den US-Botschafter am Rande eines Berlin-Besuchs treffen werde. "Es gilt insbesondere in Zeiten wie diesen, mit den engsten Vertrauten des US-Präsidenten Kontakt zu halten, vor allem zu Fragen wie der Handelspolitik und den transatlantischen Beziehungen", heißt es in einer auch dem STANDARD übermittelten Erklärung. Das Treffen mit Grenell finde "auf beiderseitige Initiative" statt, widersprach das Bundeskanzleramt ursprünglichen Angaben der US-Botschaft, wonach das Treffen "auf Bitte der österreichischen Seite" zurückgehe. (APA, red, 5.6.2018)