Bild nicht mehr verfügbar.

Was man so auf Waffenmessen zu sehen bekommt...

Foto: REUTERS/Gonzalo Fuentes

...ist eher nichts für Zartbesaitete.

Foto: APA/AFP/GERARD JULIEN

"Zeigen Sie Herz", sagt der junge Mann mit der Clownnase, er heftet den Besuchern ein rosa Post-it in Herzform auf die Brust und verteilt ein Flugblatt gegen den "Supermarkt des Todes". Leicht befangen, aber friedfertig steigen die Angesprochenen über die auf dem Boden liegenden Aktivistinnen. Gut 50.000 Besucher strömten diese Woche zur Rüstungsmesse Eurosatory in Villepinte bei Paris.

1750 Aussteller, darunter US-Riesen wie Raytheon oder Lockheed-Martin, französische Staatsunternehmen wie Safran oder Thales, aber auch etliche österreichische Firmen, zeigten ihre Neuheiten. Darunter ist der Kampfpanzer "Euro Main Battle Tank", ohne Armeeauftrag entwickelt von KNDS, dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter aus Frankreich.

KNDS-Sprecherin Laetitia Blandin freut sich, dass die Europäer gemeinsam auf die neue Bedrohungslage infolge geopolitischer Spannungen reagierten. Laut schwedischem Friedensforschungsinstitut Sipri haben die Rüstungsausgaben 2017 global um 1,7 Prozent auf 1739 Milliarden Dollar zugenommen. Ein Drittel entfällt allein auf die USA, gefolgt von China und Saudi-Arabien. Besonders starken Zuwachs verzeichnen Staaten in Südostasien, Osteuropa – im Schatten Russlands – sowie im Nahen Osten.

Billigangebote aus den Schwellenländern

In Villepinte trumpften aber auch Schwellenländer mit Billigangeboten auf. Aserbaidschan präsentierte die Zafar-Pistole, Pakistan die 500-Pfund-Bombe HE PK-P8, China die Drohne QZU. Sein Land sei führend im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), sagt der Ingenieur Cui Bo und hält drei Granaten vom Kaliber 38 Millimeter nebeneinander: "Die lassen sich von der Drohne gemeinsam abschießen. Bumm, bumm."

Am anderen Ende der Ausstellungshalle führt Shahar Gal, Vorsteher des israelischen Herstellers General Robotics, seine Antidrohne namens Pitbull vor. Diese macht Drohnen auf hundert Meter mit elektronischen Wellen kampfunfähig. Und falls dieser "soft kill" (sanftes Töten) nicht funktioniere, schalte die mit einem Gewehrlauf ausgestattete Antidrohne auf "hard kill", um das feindliche Objekt vom Himmel zu holen.

So krass die Wortwahl, räumt Gal doch ein, dass KI oft lebensrettend sei, nicht nur im Bereich der Drohnen. Als Beweis zeigt er einen mit Raupen versehenen Roboter, der aussieht wie ein Staubsauger und in den man etwa eine österreichische Glock-Pistole einlegen kann. "Der Soldat an der Fernsteuerung kann an einem sicheren Ort sitzen und stressfrei agieren. Das kann Leben retten."

"Menschlicher als Menschen"

Ähnlich argumentiert Dominique Luzeaux, der einen Vortrag über KI hält. Der Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums verhehlt nicht, dass sich die Fachwelt über die sogenannten letalen autonomen Waffensysteme (Laws) Fragen stellt. Etwa ob Roboter zur elektronisch-digitalen Kriegsführung eingesetzt werden sollen. Er sagt, dass Länder wie Frankreich solche Laws bereits verboten hätten.

Luzeaux gibt dennoch zu bedenken, dass "Roboter menschlicher als Menschen" handeln könnten: "Schließlich handeln sie ohne Ärger und Frust, selbstaufopfernd und ohne Misshandlung anderer Soldaten." Verwirklicht die KI vielleicht doch noch den Traum aller Militärs – den Traum eines "sauberen Krieges" ("clean war"), wie er schon 1991 im Irak propagiert worden war? "Eine große Frage", meint Luzeaux diplomatisch. Vielleicht eher eine Frage der menschlichen Intelligenz. (Stefan Brändle aus Villepinte, 16.6.2018)