Die Handelsstreitigkeiten setzen nicht nur dem Welthandel zu, sondern auch den Aktienbörsen.

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Als "Rolle rückwärts für Globalisierung und Wohlstand" und "schleichendes Gift" für den Welthandel interpretiert man in der Fondsgesellschaft Union Investment den Protektionismus der US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des sich aufschaukelnden Handelsstreits noch überschaubar seien, würden die politischen Spannungen bereits die Stimmung der Wirtschaftsakteure drücken. "Schlussendlich wird eine weitere Eskalation nur Verlierer zurücklassen – die einen mehr, die anderen weniger", sagt Frank Engels, Leiter des Union-Portfoliomanagements.

Allerdings geht Engels nicht von einem unmittelbaren Schock für die Weltkonjunktur aus, obwohl Trumps Protektionismus auf eine sich ohnedies abschwächenden Dynamik des globalen Handels treffe. Vielmehr würden sich die Belastungen erst sukzessive aufbauen. Denn die direkte Belastung durch die neuen Zölle seien noch vergleichsweise gering: In China entspricht die Zollbelastung lediglich einem Viertelprozent der Wirtschaftsleistung, in den USA sind es nur 0,15 Prozent. In diesen Zahlen sind indirekte Effekte wie Investitionszurückhaltung oder die Auswirkung auf die Endnachfrage durch höhere Preise, die sich schwer abschätzen lasse, allerdings nicht enthalten.

Eingetrübte Aussichten

Aber das Gift beginnt bereits seine Wirkung zu entfalten. "Die Sorge wegen eines Handelskriegs und eines Einbruchs der Weltwirtschaft lässt Firmenchefs bei Investitionsplänen verhaltener agieren", erklärt Engels. Frühindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes würden bereits auf eine Eintrübung hinweisen, und in Deutschland schätzten die Befragten des GfK-Konsumklimaindex die Konjunkturaussichten so schlecht wie seit einem Jahr nicht mehr ein.

Allerdings sind nicht alle Regionen gleich stark von Protektionismus betroffen. Stärker in den Welthandel verflochtene Volkswirtschaften wie China oder die Eurozone würden unter einem Rückgang der Handelsaktivität auch mehr leiden. Engels empfiehlt Investoren, dies bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Auf der Aktienseite werde der Wind für Schwellenländer und Indizes mit einer hohen Gewichtung von zyklischen, also stark konjunkturabhängigen Sektoren bereits rauer.

Als Daumenregel haben die Union-Experten aufgrund historischer Daten ermittelt, wie stark sich der Rückgang des Welthandels um ein Prozent auf diverse Aktienindizes auswirken sollte. Die schlechte Nachricht: Die Wiener Börse ist nach den Schwellenländern, wo Aktien um 5,3 Prozent sinken würden, mit einem Minus von 4,2 Prozent überdurchschnittlich stark betroffen. Weit müssen Anleger auf der Suche nach einem sicheren Hafen allerdings nicht blicken: Laut der Aufstellung wäre die Belastung des Schweizer SMI mit minus 2,1 Prozent am geringsten. Aber auch der US-Index S&P 500 würde bloß um 2,4 Prozent nachgeben.

Auf dem Weg zur Stagflation

Engels betont aber mehrmals, dass ein Handelsstreit nur Verlierer hervorbringe. Grundsätzlich treibe Protektionismus die Verbraucherpreise nach oben und bremse dadurch die Konjunktur. "Zölle wirken also stagflationär", folgert der Union-Experte. Zuletzt ist diese Kombination aus erhöhter Inflation und wirtschaftlicher Stagnation als Folge von Ölpreisschocks in den 1970er-Jahren aufgetreten. Und in dieser Phase gab es an den meisten Börsen nach Abzug der Inflation bestenfalls einen Blumentopf zu gewinnen. (Alexander Hahn, 19.7.2018)