Es werden laut Polizei vier Anzeigen bearbeitet, darunter zwei wegen Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

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Chemnitz – In Chemnitz im ostdeutschen Bundesland Sachsen sind nach einem tödlichen Streit am Sonntag spontan hunderte Menschen durch die Innenstadt gezogen. Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, waren unter den Demonstranten "gewaltbereite Rechte", die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie "Wir sind das Volk" skandierten.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete von Rangeleien. Videos in sozialen Medien zeigten Übergriffe auf Migranten. Die Stadt beendete aus Sicherheitsbedenken vorzeitig ihr Stadtfest. Hintergrund war der Tod eines 35-jährigen Deutschen nach einem Streit zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten in der Nacht auf Sonntag nach dem Stadtfest.

"Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt", sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem MDR. "Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen – das ist schlimm." Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe für den Abbruch des Festes angegeben.

Aufruf der AfD

Laut der Polizei hatte es am Sonntag mehrere Aufrufe im Internet gegeben, sich in der Innenstadt einzufinden. Den Angaben nach hatten sich daraufhin zunächst gegen 15 Uhr rund 100 Menschen versammelt. Das sei störungsfrei verlaufen. Diese Versammlung ging auf einen Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD) zurück. Dem folgte eine weitere Versammlung um 16.30 Uhr. Zu dieser Versammlung hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Bei der zweiten Versammlung nahmen laut Polizei rund 800 Personen teil.

"Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft", teilten die Beamten mit. Die Gruppe habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt, die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften an Ort und Stelle gewesen. Weitere Einsatzkräfte kamen zu diesem Zeitpunkt aus Dresden und Leipzig. Die Ansammlungen hatten sich am Abend nach und nach aufgelöst. Laut Polizei werden vier Anzeigen bearbeitet: zwei wegen Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Verhängnisvoller Streit

Hintergrund ist ein verhängnisvoller Streit in der Nacht auf Sonntag mit einem Toten. Zwei weitere Männer im Alter von 33 und 38 Jahren wurden verletzt, zum Teil schwer, wie die Polizei mitteilte. Alle drei sind laut den Ermittlern Deutsche. Bei dem Streit sollen Messer zum Einsatz gekommen sein.

Die Polizei hat zwei 22 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen, die sich vom Tatort entfernt hätten. Zu deren Nationalität wollten die Beamten zunächst keine Aussage machen, da noch geprüft werde, ob und wie diese in die Auseinandersetzung involviert gewesen seien. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen Totschlags. Der Grund für die Auseinandersetzung ist nach ersten Informationen unklar. Ihr soll ein verbaler Streit vorausgegangen sein. Mehrere Personen waren danach vom Tatort geflohen.

Informationen, wonach dem Streit eine Belästigung von Frauen vorausgegangen sein soll, bestätigten sich nach ersten Ermittlungen der Polizei nicht. Die Polizei rief auf Twitter dazu auf, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen.

Das 35-jährige Opfer starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Die beiden anderen verletzten Männer wurden ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Am Sonntag wurden Zeugen vernommen. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Polizei zunächst keine weiteren Angaben machen. (red, APA, 27.8.2018)