Wien – Förderung für geflüchtete Frauen wirkt sich nicht nur positiv auf ihre eigene Erwerbstätigkeit, sondern auch auf jene ihrer Kinder aus. In Ländern, in denen sie mehr gefördert werden, finden sie schneller einen Job. Zudem wollen geflüchtete Frauen auch dann arbeiten, wenn sie aus Ländern kommen, in denen eher traditionelle Rollenverteilungen herrschen, zeigt eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Unterstützung ist das A und O

Grundsätzlich zeige sich, dass geflüchtete Frauen in skandinavischen Ländern schneller Jobs finden als in anderen Ländern, etwa Österreich, in denen sie weniger Unterstützung erhielten. Maßgeblich sei die Integration weiblicher Flüchtlinge auch für die Integration ihrer Kinder, speziell ihrer Töchter, wie die Studie betont. Die Erwerbstätigkeit zugewanderter Mütter sei mit deutlich besseren Arbeitsmarktergebnissen für ihre Kinder assoziiert, mehr noch als bei im Inland geborenen Müttern und Kindern.

Die Studie wurde von Thomas Liebig, Leitender Ökonom der Abteilung internationale Migration in der OECD, mit Unterstützung des schwedischen Arbeitsministeriums erstellt und am Donnerstag vorgestellt.

Der Faktor Qualifikation

Der Bericht sieht in der Gruppe der weiblichen Flüchtlinge großes Potenzial. So ist die Beschäftigungsquote bei geflüchteten Frauen, die die Sprache des Ankunftslandes auf mittlerem bis fortgeschrittenem Niveau beherrschen, um 40 Prozentpunkte höher als bei Flüchtlingsfrauen mit keinen oder geringe Sprachkenntnissen. Im Vergleich zu männlichen Flüchtlingen verzeichnen weibliche zudem einen stärkeren Anstieg der Beschäftigungsquote, wenn sie über höhere Qualifikationen verfügen. Obwohl es bei geflüchteten Frauen im Gegensatz zu Männern wesentlich länger dauert, bis sie nach ihrer Ankunft erwerbstätig werden, zeichnen sich deren Beschäftigungsquoten durch stetige Zuwächse aus. Die Beschäftigungsquoten der Männer stagnieren hingegen nach einigen Jahren.

In älteren Erhebungen geben geflüchtete Frauen – unabhängig von bestehenden "traditionellen" Rollenbildern im Herkunftsland – überraschend oft an, dass beide Ehepartner wirtschaftlich aktiv sein sollten, sagte Liebig. In einer Erhebung über die Lebensbedingungen von Zuwanderern in Norwegen aus dem Jahr 2016 wurden die Teilnehmer gefragt, ob beide Ehepartner zum Lebensunterhalt des Haushalts beitragen und die häuslichen Aufgaben untereinander aufteilen sollten. 87 Prozent der geflüchteten Frauen stimmten der Aussage zu, der Anteil der geflüchteten Männer war mit 79 Prozent ebenfalls auf hohem Niveau.

Klischees bestätigen sind nicht

Eine weitere Erhebung unter Asylsuchenden und Flüchtlingen in Deutschland von 2016 zeigte Ähnliches: Weniger als 30 Prozent der befragten Männer und Frauen sagten, dass es zu Problemen führt, wenn eine Frau mehr Geld verdient als ihr Partner. Mehr als 80 Prozent befürworteten gleiche Bildungschancen für Söhne und Töchter. Außerdem gaben 60 Prozent der befragten Frauen an, dass sie "ganz sicher" beabsichtigten, in Zukunft in Deutschland eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, weitere 25 Prozent gaben an, dass das "wahrscheinlich" sei. Auch hier ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede nach Herkunftsland.

Das zeigt laut Studienautor Liebig deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Teilnahme am Arbeitsmarkt im Ursprungsland und im Ankunftsland sehr gering sei, "was erstaunlich ist". Gerade hier könne man sehr viel tun, wenn man die Gruppe geflüchteter Frauen besonders fördere, betont er. Das Klischee, dass Flüchtlinge – vor allem Frauen – häufig "kulturell bedingt" nicht arbeiten wollen, stimme daher nicht.

"Dreifach benachteiligt"

Weibliche Flüchtlinge gelten als besonders förderungsbedürftig, denn laut OECD-Studie sind sie "dreifach benachteiligt": aufgrund ihres Geschlechts, ihres Migrationshintergrunds und ihrer Flucht. Diese Faktoren können sich zudem wechselseitig verstärken. Hindernisse, vor denen weibliche Flüchtlinge auf dem Weg zur erfolgreichen Integration stehen, sind zahlreich. Zunächst haben sie oft einen niedrigeren Bildungsstand als Migrantinnen, aber auch als männliche Geflüchtete, und sind unter den Personen ohne grundlegende Qualifizierung oft überrepräsentiert, so die Studie. Weibliche Geflüchtete erhalten oft auch weniger Integrationsförderung als männliche, sowohl gemessen an der Zahl der Stunden des Sprachunterrichts als auch an Arbeitsmarktmaßnahmen, an denen sie teilnehmen. Sie haben oft auch geringere Kenntnisse der Sprache ihres Ankunftslandes als männliche Flüchtlinge und leiden mit höherer Wahrscheinlichkeit unter gesundheitlichen Problemen. Geflüchtete Frauen werden zudem mit recht hoher Wahrscheinlichkeit im Jahr nach ihrer Ankunft schwanger, was den Integrationsprozess zusätzlich verzögere.

Mehr Fördermaßnahmen für bessere Integration

Weibliche Flüchtlinge haben auch weniger soziale Kontakte als männliche. Dabei besteht der Studie zufolge jedoch ein enger Zusammenhang zwischen der Beschäftigung von Flüchtlingen und ihrem sozialen Netzwerk, vor allem ihren Kontakten zu Einheimischen.

Vor diesem Hintergrund schlägt die Studie einige Maßnahmen vor, um die Integration von geflüchteten Frauen und Familien stärker zu fördern. Empfohlen werden beispielsweise Mentorenprogramme, um geflüchteten Frauen den Kontakt zur Gesellschaft des Aufnahmelandes zu erleichtern und ihre sozialen Netzwerke zu stärken. Mentorenprogramme hätten dabei laut der Studie den Vorteil, einerseits ein besonders kosteneffektives Integrationsinstrument zu sein und andererseits die Gesellschaft des Aufnahmelandes einzubeziehen.

Essenziell sei zudem die verstärkte Förderung von "Grundkompetenzen" und damit der vereinfachten Arbeitsmarktintegration weiblicher Flüchtlinge, also etwa der Sprache oder des Abschlusses einer Ausbildung. Das hätte auch positive generationenübergreifende Effekte für ihre Kinder, so die Studie. Da ein großer Teil der weiblichen Flüchtlinge nicht über das Asylverfahren, sondern über den Familiennachzug einreist, könnten etwaige Wartezeiten im Ausland bereits für entsprechende vorbereitende Integrationsmaßnahmen genutzt werden, so die Studie. Da die Geburtenrate geflüchteter Frauen in der Zeit nach der Einreise relativ hoch ist, würden sich auch Sprachkurse für Mutter und Kind anbieten.

... nicht in Österreich

Die Studie betont, dass generell bei Integrationsmaßnahmen mehr zeitliche und organisatorische Flexibilität erforderlich ist, um den spezifischen Bedürfnissen von Frauen mit kleineren Kindern gerecht zu werden. Die nötige Förderung könne ansonsten erst dann in Anspruch genommen werden, wenn diese nur mehr mit geringer Wahrscheinlichkeit einen Effekt auf ihre Integrationsergebnisse habe, so die Studie.

In Österreich weisen die Zeichen jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Zu Beginn dieses Jahres kürzten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) laut UNHCR rund 105 Millionen Euro an AMS-Mitteln für die Integration von anerkannten Flüchtlingen. Dadurch fielen auch viele der vom AMS zur Verfügung gestellten Sprachkurse weg, wodurch heuer bis zu 10.000 Plätze in Deutschkursen fehlen könnten. (APA, 30.8.2018)