Leverkusen-Goalie Ramazan Özcan hatte seiner Mannschaft einiges zu sagen.

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Leverkusen/Frankfurt – Ramazan Özcan redete seinen Mitspielern ordentlich ins Gewissen, und an der Gerüchtebörse wird schon ein möglicher neuer Trainer gehandelt. Beim vermeintlichen Geheimfavoriten Bayer Leverkusen ist die Stimmung nach dem Fehlstart in die deutsche Bundesliga angespannt.

Während in der Bayarena erste Gerüchte über Ralph Hasenhüttl als Nachfolger des noch nicht ernsthaft wackelnden Heiko Herrlich die Runde machten, redete sich Özcan den Frust von der Seele. "Mir fehlen die Besessenheit, die Gier und die Galligkeit, jeden Zweikampf gewinnen zu wollen", schimpfte der frühere ÖFB-Teamspieler nach der 1:3-Heimniederlage gegen Wolfsburg. "Jeder darf Fehler machen, ich schaue beim 1:1 auch nicht gut aus. Aber ich will, dass wir uns den Hintern aufreißen."

Brisanz

Der Fehlstart mit null Punkten nach zwei Spielen gewinnt durch die Begleiterscheinungen an Brisanz. Die Länderspielpause nimmt Herrlich Raum zur Aufarbeitung, die Möglichkeit zur Wiedergutmachung besteht erst in zwei Wochen – und dann wartet ausgerechnet Bayern München. "Leider fahren jetzt drei Viertel der Mannschaft zu ihrer Nationalmannschaft", sagte Özcan. "Ich hoffe, sie kommen mit ein bisschen mehr Spannung im Gepäck zurück."

Aus Özcan, der mit einem Eigentor zum 1:1 selbst unglücklich die Wende einleitete, sprach der Frust des Alleingelassenen, der als etatmäßiger Ersatztorhüter nach der Rückkehr von Luka Hradecky bald wieder auf die Bank muss. Seiner Kernaussage stimmten aber alle zu. Kapitän Lars Bender erkannte, "dass wir nicht hart genug gearbeitet haben, um zu gewinnen". Kai Havertz (19), der in der kommenden Woche vor seinem Länderspieldebüt steht, analysierte: "Uns fehlt ein bisschen die Erwachsenheit. Wir wollen es immer mit Ballbesitzfußball lösen. Da haben wir noch viel Nachholbedarf."

Bonus und Hütter

All das müsste eigentlich den Trainer ins Zentrum der Kritik rücken. Doch noch genießt Herrlich den Bonus, im vergangenen Jahr aus einer verunsicherten Truppe jenes Team geformt zu haben, das sein Hoffenheimer Kollege Julian Nagelsmann als Meister tippte. Der neue Geschäftsführer Fernando Carro hatte ihn unter der Woche bei der Verabschiedung von Vorgänger Michael Schade aber schon freundlich darauf hingewiesen, dass Punkte seine Währung seien. Der Monat September, der für Bayer auch den Auftakt in der Europa League und West-Duelle in Düsseldorf und gegen Dortmund vorsieht, könnte für den Trainer also wegweisend werden. Zunächst geht es in zwei Wochen gegen die Bayern, die mit David Alaba beim 3:0 in Stuttgart ihren zweiten Sieg im zweiten Ligamatch feierten.

Weniger Grund zur Zufriedenheit hatte Trainer Adi Hütter nach dem 1:2 seiner Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen. Immerhin stemmten sich die Gastgeber trotz langer numerischer Unterlegenheit gegen die Niederlage. "Die Mannschaft hat 60 Minuten lang heroisch in Unterzahl gekämpft. Ihr Wille hat mir imponiert", sagte der Coach. (APA, 2.9.2018)