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Besonders die flächenbezogenen EU-Direktzahlungen an Landwirte geraten immer stärker in die Kritik.

Foto: dpa / Julian Stratenschulte

In der EU hängt der Haussegen wieder schief – oder besser gesagt, der Hofsegen. Bei dem informellen EU-Agrarministertreffen im niederösterreichischem Schloss Hof geht es am Dienstag um das liebe Geld. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger will bei den Diskussionen über das Agrarbudget 2021 bis 2027 als "ehrliche Vermittlerin" auftreten – ein Spagat, der nur schwer zu meistern sein wird. Denn mit dem Brexit fällt Großbritannien als zahlendes Mitglied weg, für das niemand einspringen und auch möglichst keine Einsparungen hinnehmen will.

"Ich glaube, dass es für ein Nettozahlerland wie Österreich legitim ist, zu Beginn der Verhandlungen klarzustellen, dass nicht neuerlich die Nettozahler zur Kassa gebeten werden sollen", sagte Köstinger. Allerdings ist das nur ein Teil der Wahrheit, denn just in dem für Österreich besonders bedeutenden Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), der ländlichen Entwicklung, ist die Republik Nettoempfängerin. Und genau dort sollen laut einem Vorschlag der EU-Kommission die Mittel besonders stark gekürzt werden.

Andere Mitgliedsländer, die von einer Agrarindustrie geprägt sind, wollen dafür die Einschnitte bei den flächenbezogenen Direktzahlungen, dem größten Posten im GAP-Budget, – etwa durch die von der Kommission vorgesehene Deckelung der Direktzahlungen auf 60.000 Euro pro Betrieb – möglichst gering halten. Die Ressortkollegen dieser Länder von den Vorteilen einer kleinstrukturierten Landwirtschaft zu überzeugen, wird die Landwirtschaftsministerin nicht leicht fallen.

Kritik des EU-Rechnungshofs

Den Europäischen Rechnungshof weiß Köstinger allerdings auf ihrer Seite. "Wir Rechnungsprüfer haben Zweifel, dass die Zielsetzung in der Agrarpolitik noch den Vorgaben in den Verträgen entspricht", kritisierte Präsident Klaus-Heiner Lehne und fordert eine Kurskorrektur zugunsten kleinerer Betriebe. Strukturveränderungen hätten dazu geführt, dass die Landschaftspflege durch bäuerliche Betriebe in bestimmten Regionen unzureichend erfüllt werde. Vielmehr sei eine Agrarindustrie entstanden. "Die Förderung solcher Betriebe in diesem Umfang, ohne dass es Kappungsgrenzen gibt, macht wenig Sinn", sagte Lehne.

In eine ähnliche Kerbe schlagen die Umweltschützer von Greenpeace: kein Geld für industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung aus GAP-Töpfen, dafür mehr Mittel für Natur- und Klimaschutz. Auch der Verband Bio Austria spricht sich für einen Kurswechsel in der GAP aus, um die Landwirtschaft "ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig" zu gestalten. Obfrau Gertraud Grabmann will das GAP-Budget konstant halten und mindestens die Hälfte für "Leistungen der Bauern für die Gesellschaft" reservieren, statt die Mittel für ländliche Entwicklung um 15 Prozent zu kürzen: "Das ist völlig anachronistisch und inakzeptabel."

Politik aus letztem Jahrhundert

Als "Anachronismus" empfindet auch Friedrich Heinemann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung die flächengebunden Direktzahlungen: "Es ist unglaublich, dass Europa noch so viel Geld für Politik aus dem vergangenen Jahrhundert ausgibt." Stattdessen empfiehlt er die für Direktzahlungen vorgesehenen 265 Milliarden Euro an nachweisliche Leistungen für Klima-, Tier- und Umweltschutz oder Artenvielfalt zu binden.

Auch abseits des derzeitigen Tauziehens um GAP-Gelder kritisiert Rechnungshofpräsident Lehne die EU generell für fehlende Flexibilität im Haushalt: "Der Kommunismus ist schon an einem Fünfjahresplan gescheitert – wir machen einen Siebenjahresplan." (Alexander Hahn, 24.9.2018)