Das siebenjährige Mädchen wurde im Mai tot in einem Mistkübel im Hof eines Gemeindebaus in Döbling gefunden.

Foto: Andy Urban

Wien – Knapp fünf Monate nachdem ein siebenjähriges Mädchen in einem Gemeindebau in Wien-Döbling erstochen wurde, liegt nun ein Gutachten vor. Der Gerichtspsychiater Peter Hofmann soll dem 16-jährigen Tatverdächtigen in seinem Gutachten Zurechnungsfähigkeit bescheinigen.

Der erfahrene Gutachter hat im Auftrag der Justiz den Jugendlichen drei Mal untersucht, sämtliche diesen betreffenden verfügbaren medizinischen Unterlagen ausgewertet und auch Berichte aus den Justizanstalten bzw. psychiatrischen Einrichtungen berücksichtigt. In seinem nun der Staatsanwaltschaft Wien übermittelten, 98 Seiten umfassenden Gutachten legt Hofmann dar, dass der 16-Jährige von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoid-narzisstischen Anteilen und einem Wasch- und Kontrollzwang geprägt ist. Schuldausschließungsgrund liege aber keiner vor.

Bereits kurz nach der Tat gab es ein erstes Gutachten: Der Verdächtige Robert K. soll demnach laut Psychologin Dorothea Stella-Kaiser zur Tatzeit eine "schwerwiegende Persönlichkeitsstörung" gehabt haben und emotional extrem abgestumpft sein. Laut dem neuen Bericht von Hofmann sei der 16-Jährige dennoch zurechnungsfähig gewesen.

Keine Geisteskrankheit oder Bewusstseinsstörung

Der Gymnasiast soll zum Tatzeitpunkt am 11. Mai "keine handlungsbestimmende schwere Geisteskrankheit oder tiefer greifende Bewusstseinstörung" gehabt haben. Hofmann stellte für K. zudem eine extreme Gefährlichkeitsprognose aus: Man könne davon ausgehen, dass die emotionale Kontrollfähigkeit und das kritische Bewusstsein in Zukunft derart abbauen, dass K. absolut unberechenbar sein wird. Der Gutachter empfiehlt: "Diese Gefährlichkeit kann nur intramural (innerhalb von Krankenhausmauern, Anm.) hintangehalten werden."

Nach Hofmanns Ansicht sind damit die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher im Sinne des § 21 Absatz 2 StGB gegeben, weil ungeachtet des Alters von erst 16 "das Vollbild einer relevanten Persönlichkeitsstörung vorliegt".

Anklage kann nun entschieden werden

Von dem aktuellen Gutachten hing ab, ob der Jugendliche wegen Mordes angeklagt werden kann oder die Staatsanwaltschaft aufgrund einer höhergradigen geistig-seelischen Abnormität einen Antrag auf Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt beim Landesgericht einbringen wird.

Sollte die Staatsanwaltschaft Wien den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen folgen, ist mit einer Anklage wegen Mordes und darüber hinaus einem Antrag auf Unterbringung in einer Sonderstrafanstalt für abnorme Rechtsbrecher zu rechnen.

Im Maßnahmevollzug könnte der Bursch ohne zeitliche Befristung auch nach Verbüßung einer allfälligen verhängten Freiheitsstrafe angehalten werden. Eine Entlassung wäre erst dann möglich, wenn er nach entsprechender therapeutischer Behandlung als nicht mehr gefährlich eingestuft wird.

"Mir ist übel davon"

Zu seinem Motiv soll der Angeklagte im Mai gesagt haben, dass er herausfinden wollte, "wie es sich anfühlt, jemanden zu töten". Er habe Plus-Minus-Listen angelegt, um abzuwägen, ob er seine Pläne umsetzen soll.

Nach dem Tod der Siebenjährigen – der Jugendliche soll das Mädchen mit einem Küchenmesser im Badezimmer seiner Wohnung erstochen haben – sei "das Bedürfnis weg gewesen". Es sei ihm "um Erkenntnis gegangen". Er hätte "Allwissenheit" erwerben wollen, sagte er dem Gutachter. Mittlerweile kämen ihm allerdings "Bilder in den Kopf", zitiert Hofmann den 16-Jährigen: "Es ist widerwärtig, [...] mir ist übel davon." (APA, red, 3.10.2018)