Botanisches Wunder: Jan Brueghel II. vereinte auf diesem Gemälde 39 Blumensorten, die in der Natur niemals zeitgleich blühen würden.

Foto: Dorotheum / dorofotograf2

Die Familie Brueg(h)el gilt nicht nur als bekannteste flämische Malerdynastie, sondern, gemessen an ihrem Einfluss auf Zeitgenossen und auf nachfolgende Jahrgänge, auch als die für die Kunstgeschichte bedeutendste. Ein Kriterium, das auf dem internationalen Kunstmarkt von Relevanz ist, wo der Familienname zu den geläufigsten Marken gehört, deren Produkte sich anhaltender Beliebtheit erfreuen: bei Sammlern, die sich an der malerischen Qualität ergötzen und anders als spekulative Käufer nicht auf schnelle Gewinne innert weniger Jahre schielen. Denn der Wert der von Mitgliedern dieser Familie im 16. und 17. Jahrhundert geschaffenen Kunstwerke steigt zwar langsamer, dafür kontinuierlich.

Begründet wurde das Imperium von Pieter Bruegel, dem das Kunsthistorische Museum Wien im Vorfeld des 450. Todesjahres nun die allererste Einzelausstellung weltweit widmet (bis 13. Jänner 2019). Zwölf Werke kommen aus dem eigenen Bestand, 15 weitere gastieren hier nun als Leihgabe. Pech für jene, bei denen die Schau Kaufgelüste wecken sollte, da sich der überwiegende Teil der 41 gesicherten Arbeiten des Meisters in Museumsbesitz befindet.

Familienbande

Abhilfe bieten indes die von seinen Söhnen und Enkeln geschaffenen Gemälde, die alljährlich weltweit auf Kunstmessen oder über Auktionen angeboten werden. Darunter etwa auch jene seines Sohnes Pieter Breughel II., der sich auf die Wiederholung bekannter und heute teils verschollener Gemälde seines Vaters spezialisierte. Künstlerisch eigenständiger tätig war Sohn Nummer zwei, Jan Brueghel I., der als Vater der niederländischen Blumenmalerei gilt, aber auch fantastische Landschaften schuf und mythologische Themen verarbeitete.

Zu letzterer Gattung gehört eine kleine, auf Kupfer gemalte Höllenszene, die kommende Woche (23. 10.) im Dorotheum versteigert wird. Den Schätzwert beziffert das Auktionshaus mit 250.000 bis 350.000 Euro. Das ist überaus günstig im Vergleich zu Ergebnissen für ähnliche, allerdings auch signierte Motive, die in London erzielt wurden. Beispielhaft etwa das Motiv Aeneas und Sibylle in der Unterwelt, von dem das KHM ebenfalls eine Fassung verwahrt: 2001 wechselte das Kupferbild erstmals via Sotheby's für umgerechnet 2,18 Millionen Euro den Besitzer, 2007 ebendort ein weiteres Mal für 2,85 Millionen. Der innert sechs Jahren erzielte Gewinn belief sich, abzüglich Provision des Auktionshauses, demnach auf etwa 600.000 Euro. Eine lohnende Investition allemal.

Wiener Rekorde

Das gilt auch für das Schaffen seines Sohnes Jan Brueghel II., von dem kommende Woche in Wien gleich mehrere Werke zur Versteigerung gelangen. Nach dem Tod seines Vaters 1625 hatte er das Atelier übernommen und die ersten zehn Jahre in dessen unverwechselbarem Stil weitergearbeitet. Aus dieser Zeit stammt das bei "Im Kinsky" (23. 10.) angebotene, auf Kupfer gemalte Hochformat Blumenstrauß in chinesischer Vase. Die Taxe liegt bei moderaten 50.000 bis 100.000 Euro. Denn im Palais Kinsky wurden für seine Blumenbilder schon internationale Auktionsrekorde notiert: 2015 fischte sich hier ein ausländischer Käufer das Großformat Blumenstrauß in einer skulptierten Vase (um 1630) für stattliche 2,6 Millionen Euro – der bislang höchste je für ein Blumenbild dieses Künstlers erzielte Preis.

Botanische Realität

Im Dorotheum buhlt aktuell noch ein auf Holz verewigtes Blumenarrangement (Schätzwert 180.000 bis 250.000 Euro) um Käufer, das bis in die 1980er-Jahre als Werk des Vaters galt und gemäß jüngerer Forschung dem Sohn zugeordnet wird. Das Besondere an diesem Stillleben? Jan Brueghel II. vereinte hier 39 Blumen, die in der botanischen Realität niemals zeitgleich blühen würden. Stillleben dieser Sorte waren schon im 17. Jahrhundert sehr gefragt, zu einer Zeit also, in der Spekulationen mit Samen und Knollen so manchen in den Ruin trieb.

Solches Risikopotenzial birgt der Kauf seiner Gemälde keinesfalls, wie auch der Preisindex der Kunstpreisdatenbank Artprice (siehe Grafik) belegt: Hätte man im Jahr 2000 100 Euro in die fiktive Jan-Brueghel-II.-Aktie investiert, läge ihr Gegenwert derzeit bei 150 Euro. Fazit: eine stabile Wertanlage, die es durchaus an die nächste Generation zu vererben lohnen könnte. (Olga Kronsteiner, 18.10.2018)