Ein Koloss im jungen Universum: Auf dem Bild wurde Hyperion als zusammenhängende Struktur kenntlich gemacht.
Foto: ESO/L. Calçada & Olaga Cucciati et al.

Heidelberg – Seit dem Urknall waren erst 2,3 Milliarden Jahre vergangen, da hatte sich im jungen Universum bereits eine Struktur entwickelt, die heutigen Galaxien-Superhaufen nahekam. Ein internationales Astronomenteam machte die "Hyperion" getaufte Struktur im Sternbild des Sextanten durch neue Messungen und eine aufwendige Analyse von Archivdaten ausfindig, wie das Max-Planck-Institut für Astronomie berichtet.

Das Team um Olga Cucciati vom Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) in Bologna hat Hyperion mit dem VIMOS-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der Eso identifiziert und schätzt die Größenordnung auf mehr als eine Billiarde Sonnenmassen. "Das ist das erste Mal, dass eine so große Struktur bei einer solch hohen Rotverschiebung identifiziert wurde, gut zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall", sagt Cucciati. "Normalerweise kennt man diese Art von Strukturen bei niedrigeren Rotverschiebungen, also nachdem das Universum viel mehr Zeit hatte, sich zu entwickeln und solch riesige Objekte zu bilden. Es war eine Überraschung, etwas derart Entwickeltes zu sehen, als das Universum noch relativ jung war."

Anders als heutige Superhaufen

Das Team fand heraus, dass Hyperion eine sehr komplexe Struktur hat, die mindestens sieben Regionen mit hoher Dichte enthält, die durch Filamente von Galaxien verbunden sind. Seine Größe ist vergleichbar mit nahe gelegenen Superhaufen, obwohl er eine ganz andere Struktur hat.

"Nahe gelegene Superhaufen neigen zu einer viel konzentrierteren Verteilung der Masse, mit deutlichen strukturellen Merkmalen", erklärt Koautor Brian Lemaux von der University of California in Davis. "Aber in Hyperion ist die Masse viel gleichmäßiger über eine Reihe von zusammenhängenden Klumpen verteilt, die mit losen Gruppierungen von Galaxien bevölkert sind."

Dieser Kontrast ist höchstwahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Schwerkraft in der Nähe der heutigen Superhaufen Milliarden Jahre Zeit hatte, Materie in dichteren Regionen anzusammeln – bei Hyperion konnte dieser Prozess bei weitem noch nicht so lange ablaufen.

Wie mag es weitergegangen sein?

Das Licht, das nun von Hyperion empfangen wurde, war über elf Milliarden Jahre lang zu uns unterwegs – dementsprechend muss die Struktur heute längst ganz anders aussehen. Die Forscher vermuten, dass sich Hyperion in der Folgezeit zu etwas Ähnlichem entwickelt hat wie die riesigen Strukturen im lokalen Universum, etwa die Superhaufen der sogenannten Sloan Great Wall oder der Virgo-Superhaufen, zu dem auch die Lokale Gruppe mit unserer Milchstraße gehört.

"Hyperion zu verstehen und mit ähnlichen neuen Strukturen zu vergleichen kann Einblicke geben, wie sich das Universum in der Vergangenheit entwickelt hat und wie es sich in Zukunft entwickeln wird. Dies gibt uns die Möglichkeit, einige Modelle der Bildung von Superhaufen zu hinterfragen", sagt Cucciati. "Die Entdeckung dieses kosmischen Titanen hilft, die Geschichte dieser großen Strukturen zu entschlüsseln." (red, 28.10.2018)