Immobilien in Holland haben Anleger jahrelang angelockt. Jetzt wird in vielen Klagen das Geschäft neu aufgerollt. Das Problem: Anleger wussten oft nicht, dass sie via geschlossenem Fonds Miteigentümer wurden und damit auch am Risiko beteiligt sind.

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Das – erhoffte – Glück tausender Anleger liegt in Schiffsbäuchen und Immobilien begraben. Diese Leute haben ihr Geld in geschlossene Immo- und Schiffsfonds gesteckt, viele von ihnen wussten nicht, dass sie Miteigentümer der jeweiligen Gesellschaft wurden. Als die in der Krise abstürzten, stürzten die Anleger mit. Allein über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) haben nach der Pleite diverser – auch von den Großbanken vertriebener – (Holland-)Fonds tausende Anleger geklagt. Der Gesamtschaden wurde von Konsumentenschützern auf 350 bis 700 Millionen Euro geschätzt. Ausgegeben wurden viele Holland-Fonds von der Hamburger MPC, die mit der Treuhandgesellschaft TVP aus Hamburg kooperiert hat.

Verjährung

Eines der Probleme bei den Prozessen: Ansprüche wegen Falschberatung verjähren innerhalb von drei Jahren. Die sind längst abgelaufen. Und: Die Frage, ob österreichisches Recht gilt, wird noch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) geprüft, laufende Verfahren wurden daher unterbrochen.

Rund 20 Anleger, die ihre Beteiligungen noch halten (und sich auch nicht am 1000-Euro-VKI-Vergleich samt Verzicht aufs Rücktrittsrecht beteiligt haben), haben vor ein paar Monaten trotzdem noch Klagen vor österreichischen Gerichten eingebracht. Sie machen ihre Forderungen bei der deutschen Treuhandgesellschaft TVP geltend. Ihr Anwalt Jörg Zarbl spricht von einer Klagssumme von rund fünf Millionen Euro. Er stützt sich in seiner Argumentation auf das österreichische Kapitalmarkt- und Konsumentenschutzgesetz.

Anleger können gemäß Kapitalmarktgesetz ohne Befristung vom Vertrag zurücktreten, wenn ihnen der Erwerb einer Immobilienveranlagung nicht schriftlich bestätigt und übermittelt wurde, so wie es das Konsumentenschutzgesetz vorsieht. Der Emittent MPC Österreich habe nicht nachweisen können, dass er seinen Mandanten solche Bestätigungen übermittelt hätte, so der Anwalt. Die könnten daher von ihrem mit der TVP geschlossenen Treuhandvertrag zurücktreten. Sie hätten ihren Rücktritt auch schon erklärt, ihr Geld aber nicht zurückbekommen.

Rücktritt vom Beitritt

Zur Einordnung: Die TVP ist laut Klage als Gründungskommandistin am jeweils gefloppten Holland-Immobilienfonds beteiligt. Sie hat weitere Gesellschafter aufgenommen (eben die Anleger) und deren Anteile treuhändig gehalten und auch verwaltet. Um den Rücktritt von diesem Treuhand- bzw. Beitrittsvertrag geht es in den eingebrachten Klagen. In einem Fall geht es um 75.000 Euro für eine Beteiligung am Fonds Holland 47 im Jahr 2003. Eingeklagt beim Landesgericht Eisenstadt sind rund 101.000 Euro. Der Anwalt der beklagten TVP von der Wiener Kanzlei Wess Kux Kispert & Eckert (WKK) beantragte die Abweisung der Klage. Er argumentierte in der Klagebeantwortung sinngemäß, dass die TVP gar nicht die richtige Ansprechperson sei, zudem sei sehr wohl eine Anlegerbestätigung übermittelt worden.

Und: Es gelte deutsches Recht, das kein Rücktrittsrecht vorsehe. Selbst für den Fall, dass österreichisches Recht zur Anwendung käme, wäre das Rücktrittsrecht schon erloschen. Und: Ein Rücktritt nach mehr als 14 Jahren sei "jedenfalls treuwidrig und daher unwirksam". Eine erste Verhandlung in der Causa gab es Ende August, Vergleichsgespräche sind gescheitert. Auch die Eisenstädter Richterin thematisierte die Frage, ob überhaupt österreichisches Recht anzuwenden sei. Anders als in anderen der 20 neuen Fälle wurde das Verfahren aber nicht bis zur Klärung dieser Frage unterbrochen. Im Jänner könnte es weitergehen. (Renate Graber, 27.10.2018)

Die Klagssumme beträgt fünf und nicht rund 50 Millionen Euro. Die entsprechende Passage im Artikel wurde am 8. November 2018 geändert. Bitte um Nachsicht. (gra)