Klagsfreudige Nationalbanker wollen ihre Verfahren zum Europäischen Gerichtshof bringen. Doch reicht das Geld?

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Der Kampf pensionierter und aktiver Nationalbanker gegen die gesetzliche Verschlechterung ihrer Dienstrechte bringt Unruhe ins Haus am Wiener Otto-Wagner-Platz. Wobei es nicht um die Klagen an sich geht oder das Faktum, dass die (Ex-)Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) vor den Gerichten bisher immer abgeblitzt sind, sondern um die Kosten der Rechtsschutzversicherung. Versichert sind rund 1500 Leute, die pro Jahr rund 150 Euro einzahlen; der auf zehn Jahre abgeschlossene Vertrag mit der Zürich Versicherungs AG endet 2024. Derzeit laufen fünf Verfahren beim Arbeitsgericht, Ziel ist der Europäische Gerichtshof.

Reserve soll herhalten

Doch die Ausgaben dürften höher als erwartet ausfallen – jedenfalls droht eine Lücke von 400.000 Euro, hat DER STANDARD erfahren. Abdecken müssten das dereinst die Versicherten. Darüber, "dass man derzeit massiv unter Wasser ist" (ein roter OeNBler), informierte die Zürich Zentralbetriebsratschef Robert Kocmich im Sommer. Mitte September landete das Thema auf der Tagesordnung einer Sitzung des Zentralbetriebsrats, in dem neben Kocmich, seiner Stellvertreterin Birgit Sauerzopf und einem weiteren roten auch ein schwarzer und ein unabhängiger Betriebsrat sitzen.

Dort soll mehrheitlich beschlossen worden sein, die Lücke, die sich da anbahne, vorsorglich zu schließen. Wie? Aus den Reserven des Zentralbetriebsrats. Von diesem Plan, der die "gegenwärtige Unterdeckung verkleinern und den Versicherer beruhigen soll", wie der nicht genannt werden wollende rote Banker sagt, wurde im Oktober auch die Betriebsrätekonferenz informiert. Die geheimnisvolle "Reserve" soll mehr als 1,3 Millionen Euro betragen.

Sonderprüfung läuft

Ein Zentralbetriebsratsmitglied hat allerdings Bedenken, hat nicht mitgestimmt und die Rechnungsprüfer des Betriebsrats sowie den zuständigen Prüfer in der Arbeiterkammer (AK) aktiviert. So lange liegt eine allfällige Überweisung an den Versicherer auf Eis.

Die AK prüft einmal im Jahr, ob der OeNB-Betriebsrat die ihm zur Verfügung stehenden Mittel rechtmäßig verwendet hat. Die Bestätigung darüber geht ans Notenbank-Direktorium. Dem werden auch die jährlichen Budgets des Betriebsrats vorgelegt.

Der Grund dafür liegt in der speziellen Form der Dotierung des OeNB-Betriebsratsfonds. Die Mitarbeiter zahlen nichts ein, der Betriebsrat arbeitet ausschließlich mit Mitteln, die von der zu 100 Prozent in Staatseigentum stehenden OeNB stammen. Seit der starken Kürzung der Sozialleistungen zahlt die OeNB 240.000 Euro pro Jahr, die Regelung gilt bis 2019. Wofür das Geld ausgegeben wird, ist vorgegeben. Messe (Kantine) und Sportverein bekommen extra. In den vergangenen Jahren hat der OeNB-Betriebsrat (mehr oder weniger) ausgeglichen gewirtschaftet, wie es heißt. Allfällige Reserven müssten also in der Vergangenheit entstanden sein.

Betriebsratschef dementiert

Ob eine etwaige Lücke aus der "Dienstrecht-Rechtsschutzversicherung" auch wirklich aus einer etwaigen Betriebsratsreserve gedeckt werden dürfte, ist in der OeNB nicht zu eruieren. Betriebsratschef Kocmich bestreitet, dass es überhaupt eine Lücke gibt oder eine solche drohe, "der Vertrag wird erfüllt". Der laufe bis 2024, umfasse eine bestimmte Deckungssumme und sei insofern unüblich, als auch legistische Eingriffe ins Dienstrecht abgedeckt seien (und die waren 2013 schon absehbar). Andere Betriebsräte wollten gar nichts zum Thema sagen und verwiesen an Kocmich. Laut OeNB-Pressesprecher Christian Gutlederer handelt es sich um Betriebsratsinterna. (Renate Graber, 12.11.2018)