So wie auf diesem Cassini-Bild aus dem Jahr 2016 kennen wir den Saturn – doch diese Pracht ist nicht für die Ewigkeit gemacht.
Foto: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Leicester – Wir haben Glück, dass wir mitten in der relativ kurzen Zeitspanne leben, in der man die prächtigen Ringe des Saturn bewundern kann, fasst James O'Donoghue von der US-Weltraumbehörde NASA aktuelle Erkenntnisse über die Lebensdauer dieser Ringe zusammen. Die Studie ist im Fachmagazin "Icarus" erschienen.

"Kurz" ist dabei natürlich in kosmischen Dimensionen zu verstehen: Das Ringsystem dürfte etwa 100 Millionen Jahre alt sein und nach jüngsten Berechnungen in etwa noch einmal so alt werden, ehe es wieder verschwindet. Das ist an sich ein langer Zeitraum – im Vergleich zu den über vier Milliarden Jahren, die der Saturn auf dem Buckel hat, aber nicht mehr als ein Zwischenspiel.

NASA Goddard

Früher war man sich nicht sicher gewesen, ob sich das Ringsystem erst nachträglich gebildet hat – etwa indem Eismonde durch gravitative Wechselwirkungen aus ihren Orbits geworfen wurden, miteinander kollidierten und ihr Material in Fragmenten von Staubkorngröße bis zu mehreren Metern Durchmesser als Ringe um den Planeten legten.

Die Alternative dazu wäre, dass Saturn zusammen mit seinen Ringen entstanden ist. In jüngerer Vergangenheit wurde dieser Vermutung aber durch mehrere Studien widersprochen. Ein wichtiges Indiz für die "kurze" Lebensdauer der Ringe ist nicht zuletzt die Rate, in der sie abgebaut werden.

Ständiger Verlust

Bereits die beiden Voyager-Sonden der NASA hatten bei ihrem Vorbeiflug in den frühen 1980er-Jahren Belege dafür gefunden, dass die Eisteilchen der Saturnringe auf den Planeten herabregnen und dabei die Bildung dunkler Bänder in der Atmosphäre des Gasriesen auslösen. Bezüglich der Ausmaße dieses Regens nennt O'Donoghue eine Größenordnung, die Fußballfeld- und Badewannenvergleiche liebende Standard-Poster entzücken wird: "Wir schätzen, dass dieser 'Ring-Regen' den Saturnringen in einer halben Stunde die Entsprechung eines Olympia-Schwimmbeckens entzieht."

Durch diesen Effekt allein werde das Ringsystem spätestens in 300 Millionen Jahren komplett verschwunden sein. Es könnte allerdings noch wesentlich schneller gehen, denn hinzu kommt ein weiterer Verlust: Die europäisch-amerikanische Saturnsonde Cassini, die 2004 bei dem Ringplaneten eingetroffen war, hatte nämlich beobachtet, dass der Ring-Regen auch auf den Saturn-Äquator prasselt.

"Addiert man das von der Raumsonde Cassini nachgewiesene Ring-Material, das auf den Saturn-Äquator fällt, haben die Saturnringe weniger als 100 Millionen Jahre zu leben", sagt O'Donoghue. Das Ringsystem hätte demnach bereits die Hälfte seiner Lebensdauer erreicht.

Der richtige Zeitpunkt

"Das geringe Alter der Ringe hat einige wirklich erstaunliche Konsequenzen", ergänzt Ko-Autor Tom Stallard von der Universität Leicester. "Es ist möglich, dass die Saturnringe zur Zeit der Dinosaurier sogar noch größer und heller waren, als wir sie heute sehen. Irgendetwas Dramatisches muss sich bei Saturn ereignet haben, lange nachdem der Planet selbst sich gebildet hat."

Mangels Teleskopen konnten die Dinos dieses Wunder freilich nicht genießen. Und auch das eingangs erwähnte Glück, das wir haben, ist möglicherweise nur relativ. Die Pracht des Saturn können wir zwar miterleben – wenn Ringsysteme aber eher kurzlebige Erscheinungen sind, kann das auch bedeuten, dass wir zu anderen Zeiten riesige Ringsysteme um Jupiter oder Neptun bestaunen hätten können und nicht die dünnen, fast unsichtbaren Ringe, die sie heute umgeben. (red, APA, 21. 12. 2018)