Von den dramatischen Ereignissen um den Brexit und den Shutdown in den USA überschattet, punktet Russlands Präsident Wladimir Putin dieser Tage trotz der miserablen Wirtschaftsbilanz mit seiner Außenpolitik. Sein Besuch in Belgrad mit dem symbolträchtigen Auftritt, zusammen mit dem serbischen Staatschef Aleksandar Vucic in der renovierten orthodoxen Kathedrale des Heiligen Sava, war zweifellos ein weithin sichtbarer politischer Erfolg für die russische Diplomatie. Die 100.000 jubelnden Menschen bei seiner Begrüßung und die Meinungsumfragen zeigen, dass Putin mit Abstand der populärste ausländische Politiker ist. Abgesehen von der jahrhundertealten, traditionellen Freundschaft haben viele Serben nie vergessen, dass Russland die Aufnahme des unabhängigen Staates Kosovo in die Uno blockiert und das serbische Anliegen in Bosnien durch Solidarität mit dem serbischen Teilstaat der Föderation stets unterstützt hat. Laut Pressemeldungen lehnten bei jüngsten Umfragen in Serbien 70 Prozent der Befragten Kompromisse über den künftigen Status der ehemaligen serbischen Provinz ab.

Wenn man bedenkt, dass in den letzten Wochen trotz Kälte und Schnees zehntausende Menschen, vor allem in der Hauptstadt, gegen die Unterdrückung der Pressevielfalt und des Rechtsstaats unter der autoritären Herrschaft von Vucic demonstriert haben, ist auch der internationale und innenpolitische Prestigegewinn für die serbische Regierung nicht zu unterschätzen. Außerdem besteht die serbische Opposition aus Parteien und Gruppen, die von den Liberalen bis zu den Ultranationalisten reichen, "ein Trauerspiel mit vielen Statisten" (Michael Martens in der "FAZ"). Vucic, vor 20 Jahren Informationsminister von Slobodan Milosevic, präsentiert sich als "wahrer Freund" sowohl Russlands wie auch der EU und benützt die enge Freundschaft mit Putin (er soll ihn laut eigener Aussage 14- oder 15-mal getroffen haben), um von der EU mehr für Serbien herauszuholen.

Großmacht Russland

Der demonstrative Auftritt Putins in einem historischen Raum russischer Hegemonialpolitik, gekoppelt mit der Kritik an den Nato-Bemühungen um Mazedonien, soll Russlands Bedeutung als Großmacht mit besonderen Interessen auf dem Balkan unterstreichen und dem innenpolitisch unter Druck geratenen Staatschef mehr Prestige und Rückhalt verschaffen. In diesen Rahmen fügen sich ungarische Presseberichte, wonach Putin demnächst auch einen anderen "lieben Freund" in Osteuropa, nämlich Viktor Orbán, treffen wird. Da die griechisch-mazedonische Abmachung über den Namen "Nordmazedonien" den Weg zu Mazedoniens Aufnahme in das westliche Militärbündnis freimachen würde, will Russland auf dem Balkan die Nato und die USA auch mithilfe der Putin-Freunde in Italien und Ungarn zurückdrängen.

Nicht zum ersten Mal wird die politische und strategische Bedeutung des Balkans von in innenpolitischen Machtkämpfen verstrickten und historisch ungebildeten westlichen Politikern ignoriert oder sträflich unterschätzt. Die Worthülsen aus Brüssel über die "Beitrittsperspektive" der Balkanländer Serbien, Montenegro, Mazedonien und Kosovo werden daran nichts ändern. (Paul Lendvai, 20.1.2019)