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EU-Kommissarin Margrethe Vestager stoppt eine Großfusion.

Foto: reuters

Der breiten Öffentlichkeit sind die amtierenden EU-Kommissare weitgehend unbekannt. Das liegt zum einen daran, dass die politischen Debatten in Europa bis heute entlang nationaler Grenzlinien verlaufen. Zugleich stechen die Kommissare weniger durch ihren politischen Aktivismus hervor, sondern punkten bestenfalls mit bürokratischem Fleiß.

Eine Ausnahme gibt es in dieser Riege: Margrethe Vestager. Die amtierende Wettbewerbskommissarin hat eine Reihe von hohen Strafen gegen die IT-Riesen Facebook (110 Millionen Euro), Apple (13 Milliarden Euro) und Google (insgesamt 6,74 Milliarden Euro) verkündet. Das machte die Dänin schlagartig berühmt – sogar außerhalb der EU. Die Frau, die im Silicon Valley "Angst verbreitet", titelte die New York Times einmal.

Die Tochter einer evangelischen Pastorin und eines Pastors studierte in Kopenhagen Ökonomie, begann im Finanzministerium zu arbeiten und machte in der Sozialliberalen Partei (Radikale Venstre) Karriere. 2007 übernahm sie die Parteispitze und fungierte danach als Innen- und Wirtschaftsministerin, ehe sie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 in die EU-Kommission holte. Die Sozialliberalen vereinen gesellschaftspolitisch linke Positionen mit einer wirtschaftsliberalen Haltung.

Dieser Mix zeichnet auch Vestager aus. Sie kämpft verbissen für fairen Wettbewerb in Europa, wie sie oft betont. Darin sieht sie aber keinen Selbstzweck. Wenn sich Menschen im Alltag ständig übervorteilt vorkommen, ob nun an der Supermarktkasse oder bei der Handyrechnung, verlieren sie nicht nur ihr Vertrauen in die Marktwirtschaft, sondern auch in die Demokratie, sagte Vestager in einem STANDARD-Gespräch. Die Strafen gegen Facebook, Google, aber auch gegen Starbucks und Fiat sind für sie daher der beste Weg, um das Vertrauen der Bürger in die Union zu stärken: Seht her, wir kämpfen für eure Interessen, und zwar bei den ganz praktischen Dingen des Lebens.

Bisher hatte sie fast nur Anhänger in Europa, schließlich zog sie gegen US-Konzerne ins Feld. Nachdem nun ihre Behörde die Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom untersagt hat, kommt von den einflussreichsten Regierungen in Europa, der deutschen und der französischen, heftige Kritik.

Vestager hat drei Töchter und ist verheiratet, sie pendelt zwischen Brüssel und Kopenhagen, was sie extrem herausfordernd nennt. Die Aufgabe ist mit der Siemens-Entscheidung ein Stück weit schwieriger geworden. (András Szigetvari, 6.2.2019)