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Für Bauern dürfte sich einiges ändern – nicht zuletzt wegen des Brexits.

Foto: REUTERS/Darren Staples

In den Monaten vor der EU-Wahl wurde es still um Fördergelder für Landwirte. Den Parteien dürfte bewusst sein, dass die Milliarden, die jährlich an Bauern ausgeschüttet werden, vielen Wählern ein Dorn im Auge sind. Erst durch die Kandidatur der Promiköchin Sarah Wiener, die als Listenzweite für die Grünen bei der EU-Wahl antritt, rückte das Thema wieder ins mediale Rampenlicht. Der 800-Hektar-Betrieb, an dem Wiener 20 Prozent hält, hat im Vorjahr 317.000 Euro an EU-Geldern erhalten.

Künftig könnten Förderungen für große Betriebe geringer ausfallen: Der EU-Agrarausschuss hat am Dienstag über erste Teile der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) abgestimmt. Demnach sollen EU-Mitgliedstaaten in der kommenden Förderperiode, die 2021 beginnt, Flächenzahlungen ab 100.000 Euro kürzen. Zahlungen, die darüber hinausgehen, sollen von den Staaten zwischen 25 und 100 Prozent getrimmt werden. Noch ist die Entscheidung allerdings nicht fix. Der Vorschlag landet erst nach den EU-Wahlen im Trilog zwischen Rat, Europäischen Parlament und Europäischer Kommission.

Deckelung und Schlupfloch

Letztere hat zuletzt vorgeschlagen, Direktzahlungen ab 60.000 Euro zu kürzen und ab 100.000 Euro ein sogenanntes Capping – also eine Deckelung einzuführen. Dabei soll es eine Art "Schlupfloch" für Bauern geben: Sollte es zu einer Deckelung kommen, können Landwirte zumindest einen Teil der Lohnkosten von der zu kürzenden Summe abziehen. Der Rat hat dazu noch keine endgültige Position eingenommen.

Die GAP macht derzeit knapp 40 Prozent des EU-Gesamthaushaltes aus. In der vergangenen Förderperiode (2014–2020) waren insgesamt 408 Milliarden Euro für die europäische Landwirtschaft vorgesehen. Drei Viertel davon landen als Direktzahlungen (erste Säule) bei Landwirten, der Rest ist für die ländliche Entwicklung (zweite Säule) vorgesehen. Im kommenden Haushaltsplan der EU soll das Agrarbudget auf 365 Milliarden Euro gekürzt werden.

Wenig Betroffene

In Österreich wären von einer Deckelung bei 100.000 Euro – zumindest vor Abzug der Lohnkosten – rund 80 Landwirte betroffen, wie aus der Transparenzdatenbank hervorgeht. Von der Fördergrenze wäre in diesem Fall hauptsächlich der ehemalige Adel betroffen. Unter den Großförderempfängern von Direktzahlungen finden sich Namen wie Metternich-Sandor, Hardegg und Königsegg-Aulendorf. Bei einem Rundruf am Mittwoch konnte DER STANDARD die genannten Landwirte nicht erreichen.

Die mögliche Deckelung würde hierzulande aufgrund der Kleinstrukturiertheit der Landwirtschaft jedenfalls nur wenige treffen. Anders sieht es in den Nachbarländern aus: In der Tschechischen Republik bewirtschaftet ein Hof durchschnittlich rund 130 Hektar, in der Slowakei sind es 80 Hektar. Dementsprechend hoch sind die flächenabhängigen Zahlungen. Zum Vergleich: Österreichs Betriebe bewirtschaften durchschnittlich 20 Hektar. EU-weit liegt Großbritannien auf Platz zwei. Noch ist nicht klar, welche Auswirkungen der Brexit auf das Agrarfördersystem haben wird.

Gute Verhandlungsbasis

Othmar Karas, der im Europaparlament die Agraragenden der ÖVP vertritt, nannte die Ergebnisse der Abstimmung eine "gute Verhandlungsbasis" für die anstehende Agrarpolitik. "Wir hätten die Deckelung der Betriebsprämien lieber weiter unter 100.000 Euro gehabt, das hätte unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft eher entsprochen", sagte Karas in einer Aussendung. Der grünen EU-Abgeordnete Thomas Waitz nannte das Ergebnis hingegen "einen Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich für Klimaschutz, Biodiversität und eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft einsetzen".

Was die möglichen Änderungen nun für Österreichs Bauern bedeuten werden, lasse sich an diesem Punkt noch nicht sagen, heißt es aus Landwirtschaftsministerium und Bauernbund. Entscheidend sei, dass das Capping auf EU-Ebene festgelegt wird, damit es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt komme.

Europas Landwirte werden im Mai jedenfalls nicht nur auf Regen hoffen: Das Ergebnis der EU-Wahl dürfte richtungsweisend für die künftige Agrarpolitik der Union sein – und damit auch dafür, wer die Fördermilliarden erhält. Wie es in einer Bauernweisheit heißt: Mairegen auf die Saaten, dann regnet es Dukaten. (Nora Laufer, 4.4.2019)