Markus Frohnmaier, Abgeordneter.

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Dass der Kreml versuchen soll, Wahlen außerhalb von Russland zu beeinflussen, ist nicht neu. In Deutschland ist es die Alternative für Deutschland (AfD), die schon oft mit dem Vorwurf der Nähe zu Moskaus Politik konfrontiert wurde. Ein neuer Bericht legt nahe, dass die engen Verbindungen der Partei nach Russland weiter reichen als bisher bekannt. Einer gemeinsamen Recherche des Nachrichtenmagazins "Spiegel", des ZDF, der britischen BBC und der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" zufolge soll in der Präsidialverwaltung von Wladimir Putin vor der deutschen Bundestagswahl 2017 ein Strategiepapier kursiert sein, dessen Ziel es war, EU-Mitgliedstaaten zu destabilisieren und Propaganda für Putins Russland zu machen.

Richtig konkret wird es der BBC zufolge erst am Schluss des Papiers. Da kommt die AfD ins Spiel, denn es wird nur ein Name genannt: Markus Frohnmaier. Der AfD-Politiker ist schon länger für seine russlandfreundliche Einstellung bekannt. Seit 2017, als die AfD erstmals in den Bundestag einzog, ist er einer der 91 Abgeordneten der größten Oppositionspartei.

"Unter absoluter Kontrolle" Russlands

In dem Strategiepapier folgen Frohnmaiers Namen diese Einschätzungen: "Chancen, in den Bundestag gewählt zu werden: hoch", "benötigt: Unterstützung im Wahlkampf" und schließlich eine Einschätzung von Frohnmaiers potenziellem Wert für Moskau, deren Ergebnis lautet: "Er wird ein unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag sein."

Frohnmaier wies die Vorwürfe zurück: "Verrückt. Kann ich mir nicht vorstellen, dass so was geschrieben worden ist. Ich bin hier angetreten, um deutsche Interessen zu vertreten. Das mache ich auch. Jeder, der meine Anträge, Initiativen sieht, der kann das auch nachverfolgen", sagte er im ZDF.

Das Papier wurde den Recherchen zufolge, die auf Material des vom russischen Geschäftsmann und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski finanzierten Dossier Centers in London basieren, am 7. April 2017 per E-Mail an einen hohen Beamten der russischen Präsidialverwaltung geschickt. Absender der Mail sei ein ehemaliger Abgeordneter des russischen Oberhauses gewesen. Dass das Strategiepapier plausibel erscheint, bestätigte ein ehemaliger hochrangiger Nachrichtendienstmitarbeiter "Spiegel" und ZDF. Ob der Kreml den Empfehlungen jedoch tatsächlich folgte und Frohnmaiers Wahlkampf materiell unterstützte, bleibt unklar.

Zweites brisantes Dokument

Es gibt allerdings den Recherchen zufolge eine zweite E-Mail, diesmal soll sie aus dem Umfeld von Frohnmaiers Wahlkampagne kommen – auch von April 2017. Darin wird der BBC zufolge in teilweise fehlerhaftem Englisch um dringende Unterstützung im Wahlkampf gebeten, und zwar materiell und auch in medialer Form. Im Gegenzug werde Frohnmaier im Wahlkampf die guten Beziehungen zu Russland betonen. Eine Veranstaltung, die im Rahmen des in der Mail angehängten "Aktionsplans" angekündigt war, fand "Spiegel", ZDF, BBC und "La Repubblica" zufolge tatsächlich statt.

Schon 2017 hatte Markus Frohnmaier bei einem Treffen mit einem BBC-Redakteur in Stuttgart behauptet, es handle sich um eine Fälschung.

Auch aktuell ließ der Abgeordnete lediglich über seinen Anwalt ausrichten, das russische Strategiepapier sei ihm ebenfalls nicht bekannt. Er habe nie "Unterstützung finanzieller oder medialer Art in Kreisen der russischen Politik, Wirtschaft oder Zivil erbeten", zitiert der "Spiegel" ihn. Von russischer Seite sei auch nie eine solche Unterstützung erfolgt.

Enge Verbindungen zum Kreml

Markus Frohnmaier war von Mai 2015 bis Februar 2018 Vorsitzender der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative". Bevor er 2017 für den baden-württembergischen Landkreis Böblingen bei der Bundestagswahl antrat, war er Pressesprecher der heutigen AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel. Seinem Twitter-Profil zufolge war Frohnmaier 2018 als "Wahlbeobachter" in Russland.

Sein Engagement in der Ukraine war ebenfalls bereits Gegenstand ausführlicher Recherchen. Denn Frohnmaier war wiederholt in kremltreue Separatistengebiete gereist. Nun ist er Mitglied des Wirtschaftsforums "Yalta International Economic Forum" auf der Krim, das von der russischen Regierung gefördert wird, deckten das ARD-Politmagazin "Kontraste" und t-online.de vor einigen Tagen auf.

Nicht der erste Skandal

Dieselbe Recherchegruppe hatte Anfang des Jahres Vorwürfe gegen Frohnmaiers damaligen Mitarbeiter Manuel Ochsenreiter aufgedeckt. Demnach ging die polnische Justiz davon aus, dass Ochsenreiter einen Brandanschlag in der Ukraine in Auftrag gab. Mittlerweile ermittelt auch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Frohnmaier entließ seinen Mitarbeiter daraufhin.

2017 hatte t-online.de Frohnmaiers Verbindung zu dem Spionageverdächtigen Mateusz Piskorski veröffentlicht. Ihm wird vorgeworfen, für russische und chinesische Geheimdienste tätig gewesen zu sein. Gemeinsam mit Frohnmaier und Ochsenreiter hatte Piskorski 2016 einen Verein in Berlin gegründet, der laut t-online.de Alexander Dugin nahesteht, einem russischen Neofaschisten, der Mitglied in der mittlerweile verbotenen Nationalbolschewistischen Partei Russlands war und dem vorgeworfen wird, Ideengeber einer Neuen Rechten in Russland zu sein. Das Netzwerk solle ein Europa unter russischer Schirmherrschaft anstreben und von einem russischen Oligarchen gefördert werden. (Milena Pieper, 5.4.2019)