Und dann machte es Klick.

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Es war quasi ein Warnschuss. "Man hat gesehen, was passiert, wenn ich nicht mein bestes Tennis spiele", sagte Dominic Thiem am Montag zu später Stunde, nachdem er in der ersten Runde der French Open gegen den US-Amerikaner Tommy Paul mit 6:4, 4:6, 7:6, 6:2 gewonnen hatte. Erst als die Nummer 131 der Weltrangliste im Tiebreak des dritten Satzes mit 4:0 davonzog, machte es Klick. Da packte Thiem sein bestes Tennis aus, da wurde er der Nummer vier der Setzliste gerecht. Der vierte Satz verkam anschließend zur Formsache.

"0:4 hört sich schlimmer an, als es ist", sagte der Vorjahresfinalist. Vermutlich der richtige Zugang für einen Tennisprofi, der sich nicht aus der Ruhe bringen lassen will, Stichwort mentale Stärke. Auf der anderen Seite dachte der 22-jährige Paul zu diesem Zeitpunkt vielleicht erstmals an eine mögliche Sensation. So fangen alle Niederlagen an, so schleichen sich die unerzwungenen Fehler ein. Thiem: "Das Tiebreak war definitiv der Knackpunkt in der Partie. Es macht mental einen großen Unterschied, ob man in Sätzen 2:1 führt oder 1:2 zurückliegt. Ich habe mich befreit."

Augenhöhe und Feinabstimmung

Bis zu jenem Knackpunkt war zwischen den beiden Spielern kein Qualitätsunterschied zu erkennen, das Publikum sah am Court Suzanne Lenglen ein Match auf Augenhöhe. Und es sah Thiem in einer ungewohnten Rolle, in der Defensive. "Er hat lange das Spiel gemacht", sagte Thiem, "aber ich habe mir auch kein leichtes Match erwartet." Zunächst hätte die Power in den Schlägen gefehlt. Ob das eine Frage der Tagesverfassung ist? "Nein", sagte Thiem zum STANDARD, "es ist eine Frage der Feinabstimmung, das kann sich in der Sekunde drehen."

Der nächste Gegner ist nur auf dem Papier eine Unbekannte. Thiem hat noch kein Match gegen Alexander Bublik absolviert, kennt aber dessen Spiel: "Er wird versuchen, meinen Rhythmus zu stören. Er wird Stopps einstreuen." Die Nummer 91 der Weltrangliste hatte sich zum Auftakt gegen den deutschen Qualifikanten Rudolf Molleker in vier Sätzen durchgesetzt. Der 21-Jährige tritt zum ersten Mal bei den French Open an. Auf der zweitklassigen Challenger-Tour ist Bublik mit drei Turniersiegen 2019 eine große Nummer.

Das Interesse

Das Match gegen Bublik ist für Donnerstag angesetzt, die internationalen Journalisten interessieren sich aber ohnehin mehr für das große Ganze. Was müsse passieren, um Rafael Nadal die abonnierte Trophäe bei den French Open zu entreißen? "Es ist ein langer Weg. Man muss zumindest zwei von den Kerlen schlagen, die 15 oder mehr Grand-Slam-Titel in der Tasche haben. Das sagt alles." (Philip Bauer aus Paris, 28.5.2019)