Können politische Entscheidungen von der Tabakindustrie beeinflusst werden?

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Ein offener Brief von 78 Gesundheitsfachleuten forderte im April die österreichischen Parlamentsparteien dazu auf, ihre Verbindungen zu Tabakindustrie offen zu legen. Bisher ist das nicht passiert. Der Allgemeinmediziner Florian Stigler bekräftigt diesen Aufruf zur Transparenz.

Im April berichtete das Profil, dass das Austrian Economics Center von den Tabakkonzernen Japan Tobacco International und British American Tobacco einen fünfstelligen Eurobetrag erhalten hat. Die Leiterin dieses Thinktanks wurde von der FPÖ in den parlamentarischen Gesundheitsausschuss geladen, um die Abgeordneten beim Nichtraucherschutz zu beraten.

Daraufhin hat ein offener Brief von 78 Gesundheitsfachleuten und Gesundheitsinstitutionen die österreichischen Parlamentsparteien dazu aufgefordert, alle Verbindungen zur Tabakindustrie offenzulegen. Bis heute, zwei Monate später, ist dem noch keine Partei nachgekommen.

Keine Antwort

Warum uns die Parteien nicht sagen, ob sie Verbindungen zur Tabakindustrie haben, wissen nur die Parteien selbst. Die Problematik liegt jedoch auch darin, dass die Parteien nicht verpflichtet sind, uns zu antworten. Wir haben in Österreich kein Informationsfreiheitsgesetz, kein ausreichendes Transparenzgesetz, und wir sind das letzte EU-Land, das noch ein Amtsgeheimnis in der Verfassung stehen hat. Beim Recht auf Information liegen wir daher laut dem Global Right to Information Rating unter 123 Ländern auf dem geteilten vorletzten Platz.

Die unbeantwortete Frage ist nach "Ibiza" aktueller denn je. Deshalb bleibt die Forderung an die Parlamentsparteien aufrecht, alle Verbindungen zur Tabakindustrie offenzulegen, auch mögliche persönliche Treffen und finanzielle Zuwendungen an Vorfeldorganisationen oder Thinktanks.

Weitreichender Einfluss

International konnte über den Einfluss der Tabakindustrie schon viel in Erfahrung gebracht werden. In Deutschland beispielsweise zeigte eine Studie 2008 einen weitreichenden Einfluss auf politische Entscheidungsträger in Bundes- und Länderministerien auf sowie auf deutsche Bundesregierungen.

Auch die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, ob politische Entscheidungen von der Tabakindustrie beeinflusst werden können. Deshalb benötigen wir ein modernes Informationsfreiheitsgesetz, ein Transparenzgesetz, wie es gerade vom Forum Informationsfreiheit gefordert wird, und eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses.

Mehr Klarheit über Interessenkonflikte würde nicht nur unseren Rechtsstaat schützen, sondern vielleicht auch das Vertrauen in die Politik wiederherstellen. (Florian Stigler, 24.6.2019)