Der Spitzenplatz in der SPD ist vakant. Künftig sollen dort zwei Personen stehen, mindestens eine Frau.

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Malu Dreyer weiß, wie schlecht es ihrer Partei geht. "Die SPD braucht Kraft, sehr viel Kraft", sagt die kommissarische SPD-Chefin, als sie am Montag nach der Vorstandssitzung vor die Presse tritt. Das Interesse ist groß, denn viele wollen wissen: Wer wird nach dem Rücktritt von Andrea Nahles die SPD führen?

Diese Frage hat der Vorstand am Montag immer noch nicht geklärt. Aber er legte fest, wie man eine neue Spitze finden will. Zunächst können alle, die sich diesen Job antun möchten, zwischen dem 1. Juli und dem 1. September ihre Bewerbung einbringen.

Antreten dürfen nicht nur Einzelbewerber, sondern auch Paare, die eine Doppelspitze bilden wollen. "Wir ermutigen ausdrücklich, dass sich Teams bewerben", sagt Thorsten Schäfer-Gümbel. Es sei nämlich nicht schlecht, wenn sich "zwei die große Aufgabe teilen", meint seine Kollegin Dreyer.

Entscheidend: Der 26. Oktober

Dies ist auch der Wunsch der Basis. Rund 23.000 Vorschläge sind in den vergangenen Wochen im Willy Brandt-Haus eingegangen, immer wieder wurde der Ruf nach einer Doppelspitze laut. Zwei Männer allerdings dürfen sich nicht an die SPD-Spitze wählen lassen, es muss mindestens eine Frau dabei sein.

Ab September werden sich dann die Bewerber und Bewerberinnen in 20 bis 30 Regionalkonferenzen in ganz Deutschland vorstellen. Danach haben die SPD-Mitglieder das Wort. Ihre Entscheidung wird am 26. Oktober bekanntgegeben. Kommt niemand über 50 Prozent, gibt es eine Stichwahl. Schließlich wird der SPD-Parteitag Anfang Dezember die letzte Entscheidung treffen.

Parallel zur Kandidatenfindung will die SPD über Inhalte und künftige Schwerpunkte diskutieren. In einer Studie kommt die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung zum Schluss, dass die deutsche Sozialdemokratie sich stärker an der dänischen orientieren und bürgernäher sein müsste, um wieder erfolgreich zu sein. In Dänemark hatten die Sozialdemokraten kürzlich 25,7 Prozent erreicht, die Parlamentswahlen gewonnen und den Rechtspopulisten das Wasser abgegraben. Dafür hatte Parteichefin Mette Frederiksen allerdings die restriktive Migrationspolitik der Dänischen Volkspartei aufgegriffen.

Mehr Sicherheit gefragt

Den Bürgern beider Staaten seien Werte wie "soziale Gerechtigkeit", aber auch "Recht und Ordnung" wichtig. Im Gegensatz zu Dänemark jedoch wird der SPD "von weiten Teilen der Wählerschaft eine Ambivalenz, bisweilen sogar Distanz zu diesen Werten unterstellt, etwa bei der Frage nach der Verbindlichkeit gesellschaftlicher Spielregeln", heißt es in der Studie.

Erst vor kurzem hat Familienministerin Franziska Giffey (SPD) ihre Partei aufgefordert, einen stärkeren Fokus auf das Thema Sicherheit zu legen. Giffey, die zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln war, gilt als eine der letzten Reserven der SPD und hat sich auch selbst für den SPD-Vorsitz ins Spiel gebracht, indem sie erklärte: "Die Leute entscheiden viel über den Bauch, über Sympathie. Es ist extrem wichtig, dass im Vorsitz jemand ist, der Bauch und Herz erreicht."

Keine Koalition mit der AfD

Es klang wie eine Selbstbeschreibung. Allerdings hat die 41-Jährige ein Problem. Ihre Doktorarbeit wird derzeit wegen eines Plagiatsverdachts überprüft. Das kann noch einige Zeit dauern. Sollte Giffey der Doktortitel letztendlich aberkannt werden, würde dies der SPD auch nicht helfen.

Nicht kandidieren hingegen wollen Malu Dreyer und die beiden anderen kommissarischen SPD-Chefs Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel. Abgesagt haben auch Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil.

Eine inhaltliche Klarstellung hat am Montag auch die CDU-Spitze getroffen und "jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD" ausgeschlossen. Bei ihrer Begründung hat sie ausdrücklich einen Zusammenhang zwischen dem Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der AfD hergestellt. Diese beteilige sich bewusst an rechter Hetze. (Birgit Baumann aus Berlin, 25.6.2019)