Hoch über der Erde, aber immer noch in der Machtsphäre des Schimmels schwebt die ISS.
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Es ist zwar schon fast ein halbes Jahrhundert her, dass zuletzt ein Mensch einen anderen Himmelskörper betreten hat. Doch sollte es in mittlerer Zukunft tatsächlich eine Neuauflage der bemannten Raumfahrt zu Mond, Mars & Co geben, werden wir aufpassen müssen, dass wir keine blinden Passagiere mitnehmen und die Zielorte mit ihnen kontaminieren.

Das lässt sich aus einem Vortrag der Mikrobiologin Marta Cortesão vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt schließen, den sie auf der Astrobiology Science Conference in Bellevue, Washington hielt. Cortesão hatte bei Laborversuchen festgestellt, dass Schimmelsporen selbst extreme Dosen von Strahlung gut überstehen. Sie regt daher eine Überarbeitung der bisherigen Protokolle an, die andere Himmelskörper vor einer Kontaminierung bewahren sollen: Pilzsporen sollten stärker in den Fokus rücken.

Test auf Weltraumhärte

Dass Schimmel mit uns in den Weltraum reist, ist nichts Neues. Die Crews der Internationalen Raumstation können ein Lied davon singen – sie müssen regelmäßig das Innere der ISS reinigen, damit sich Schimmel nicht zu einem Gesundheitsproblem auswächst. Sowohl Gießkannenschimmel (Aspergillus) als auch Pinselschimmel (Penicillium) ist auf der ISS vertreten. Cortesão berichtet nun aber, dass der Schimmel auch an der Außenseite der Station bzw. von Raumschiffen nicht so schnell abstirbt.

Im Labor setzte die Forscherin Pilzsporen ionisierender Strahlung aus, wie sie im Weltraum auftritt. Sie bestrich den Schimmel mit einem Bombardement aus Röntgenstrahlen, schweren Ionen und hochfrequenter UV-Strahlung, wie es vom irdischen Magnetfeld normalerweise abgeblockt wird. Selbst Objekte in niedrigen Orbits wie die ISS stehen noch unter dem Schutz dieses Magnetfelds – Raumschiffe auf Langstreckenmissionen wie zum Mars wären dieser Strahlung aber ausgesetzt.

Zahlen

Die Ergebnisse: Die Schimmelsporen überstanden Röntgenstrahlung bis zu einem Wert von 1.000 Gray (Gray ist ein Maß für die pro Kilogramm Masse absorbierte Energie, die durch ionisierende Strahlung verursacht wird), schwere Ionenstrahlung bis 500 Gray und eine UV-Belastung bis 3.000 Joule pro Quadratmeter. Ab 5 Gray wird es für Menschen tödlich – Schimmel ist also mindestens 200-mal belastbarer.

Auf einer 180-tägigen Reise zum Mars müssten Raumfahrer laut der Forscherin mit einer Gesamtdosis von 0,7 Gray rechnen. Das ist bereits im unteren Bereich dessen, was leichte Symptome einer Strahlenkrankheit auslösen kann. Am Schimmel hingegen ginge dies spurlos vorüber.

Zähigkeit kann auch ein Vorteil sein

Außer Trockenheit, extremen Temperaturen und einer ganzen Reihe von Chemikalien übersteht Schimmel also auch hohe Dosen von Weltraumstrahlung, lautet Cortesãos Resümee. Sie räumt allerdings ein, dass sie die kombinierte Wirkung von Strahlung, Vakuumbedingungen und annähernder Schwerelosigkeit nicht untersucht hat. Experimente zu den Auswirkungen von Mikrogravitation auf das Pilzwachstum sollen aber noch heuer folgen.

Außerdem seien die Pilze nicht ausschließlich negativ zu sehen, stellt die Forscherin klar: Sie seien auch "biologische Fabriken", die Antibiotika, Vitamine und andere lebensnotwendige Substanzen herstellen können. Dies könne man sich durchaus zunutze machen, um Schimmel ganz bewusst auf lange Reisen mitzunehmen. (red, 2. 7. 2019)