Beim American Football geht es rau zu – Schläge auf den Kopf gehören zur Tagesordnung.

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Bei Kontakt-Sportarten wie American Football geht es zum Teil ziemlich brutal zu. Stöße, Schläge und Erschütterungen des Kopfes lassen sich meist trotz Helmen nicht vermeiden. Wenn es dabei nicht gerade zu einer Gehirnerschütterung mit entsprechenden Symptomen kommt, werden die Schläge meist nicht weiter beachtet. Für die Sportler gehört das zum Beruf.

Dass bereits leichte Schläge auf die Köpfe der Spieler die Gehirnstruktur nachhaltig verändern können, konnte nun in einer US-amerikanischen Studie gezeigt werden. Die Studie wurde von der Carnegie Mellon University und der University of Rochester Medical Center durchgeführt und im Journal "Science Advances" veröffentlicht.

Struktur geschädigt

Die Wissenschafter konnten zeigen, dass Gehirnerschütterungen bei weitem nicht die einzige Ursache für Schädigungen des Gehirns im Kontakt-Sport sind. Die Stichprobengröße der Beobachtungsstudie umfasste zwar nur 38 Football-Spieler, die Forscher halten ihre Ergebnisse aber trotzdem für so relevant, um zukünftige Forschung voranzutreiben.

Um die Wucht der verschiedenen Schläge auf die Köpfe der Spieler zu messen, wurden ihnen Beschleunigungsmessgeräte in ihre Helme eingebaut, die im Training und während der Spiele getragen wurden. Außerdem machten die Forscher jeweils am Beginn und am Ende der Spiel-Saison ein MRT-Scan vom Gehirn jedes Probanden.

Während der gesamten Football-Saison wurde zwar nur bei zwei Spielern eine Gehirnerschütterung festgestellt, trotzdem konnte bei mehr als zwei Dritteln der Versuchsteilnehmer eine Verminderung der strukturellen Integrität des Gehirns festgestellt werden. Das deutet darauf hin, dass auch schwächere Schläge, die keine direkten Symptome verursachen, das Gehirn nachhaltig schädigen können.

Weiße Substanz

Im Speziellen konnten die Wissenschafter feststellen, dass die weiße Substanz des Zentralen Nervensystems am meisten unter den Schlägen und Erschütterungen gelitten hatte. Die Funktionalität der weißen Substanz im Mittelhirn war nach der Saison signifikant reduziert. Zudem konnte in der Studie eine direkte Korrelation zwischen der Anzahl an Schlägen auf den Kopf und dem Ausmaß der Schädigung der weißen Substanz beobachtet werden.

Das Mittelhirn oder Mesencephalon spielt speziell bei der Motorik eine entscheidende Rolle. Da es, im Gegensatz zum umliegenden weicheren Gewebe, relativ steif ist, absorbiert es Schläge weniger gut und ist anfälliger für Schädigungen durch äußere Krafteinwirkung. Aus diesem Grund haben die Wissenschafter entschieden, sich in dieser Studie vor allem auf das Mittelhirn zu fokussieren.

Wirkungsvolle kleine Schläge

"In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit sind die starken Schläge die einzigen, die zählen. Darüber sprechen die Menschen, und das sind die Augenblicke, die auch in den Fernseh- und Zeitlupenwiederholungen gezeigt werden", sagt Bradford Z. Mahon, der an der Studie beteiligt war.

"Die schweren Schläge sind definitiv schlimm, aber durch diesen Fokus auf die großen Schläge verpasst die Öffentlichkeit das, was wahrscheinlich die Langzeitschädigungen in den Gehirnen der Spieler verursacht. Es sind nicht nur die Gehirnerschütterungen, sondern auch die 'alltäglichen' Schläge", fügt er hinzu. Die Messungen ergaben, dass die 38 Spieler während des Untersuchungszeitraums insgesamt fast 20.000 Schläge einstecken mussten.

Langfristiger Schaden

Zusätzlich zu den Veränderungen in der weißen Gehirnsubstanz der Studienteilnehmer konnten die Wissenschafter außerdem erhöhte Werte an Tau-Proteinen in ihren Blutproben feststellen. "Tau ist ein wichtiger Marker für akute Veränderungen im Gehirn und wird auf lange Sicht mit der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie der chronischen traumatischen Enzephalopathie in Verbindung gebracht, die auch als CTE bekannt ist", sagt Adnan Hirad, Hauptautor der Studie.

CTE ist eine Erkrankung, die mit Gedächtnisstörungen, kognitiven Einschränkungen und erhöhter Auftrittswahrscheinlichkeit für die Alzheimer-Erkrankung einhergeht. Eine CTE kann durch Traumata wie wiederholte Schädelverletzungen, Schläge und Erschütterungen verursacht werden.

"Weitere Forschung ist nötig, um von unseren Ergebnissen konkrete Richtlinien abzuleiten. Wichtig für zukünftige Forschung wäre es, größer angelegte Langzeitstudien über Athleten in Kontakt-Sportarten in verschiedenen Altersklassen zu machen", ergänzt Mahon. (red, 9.8.2019)