Scheidungen haben viele Tücken, wer gut vorbereitet ist, erlebt weniger Überraschungen.

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Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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Auch wenn manche die Ehe für nicht mehr zeitgemäß halten: Heiraten liegt in Österreich nach wie vor voll im Trend. Allen Unkenrufen zum Trotz haben sich im Jahr 2018 in Österreich fast 50.000 Paare das Jawort gegeben, eine Steigerung von immerhin 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neben romantischen und gesellschaftlichen Beweggründen ist es vor allem die rechtliche Absicherung, die Paare zur Hochzeit bewegt.

Doch auch die Scheidungsrate ist mit über 40 Prozent unverändert hoch. In Wien wird sogar fast jede zweite Ehe wieder geschieden. Wer den Bund fürs Leben eingeht, sollte sich daher bewusst sein, dass die Ehe nicht nur eine Liebesbeziehung ist, sondern auch ein Vertrag mit Rechten und Pflichten. Und genau wie so manch andere Verträge kann man auch eine Ehe nicht einfach ohne weiteres beenden. Die Voraussetzungen für eine Scheidung sind im Gesetz genau geregelt.

Einvernehmliche Scheidung erst nach sechs Monaten Trennung

Eine einvernehmliche Scheidung ist zwar grundsätzlich immer möglich. Dafür müssen sich die Ehegatten aber über die Rechtsfolgen der Scheidung (Unterhalt, Aufteilung sowie Obsorge und Kontaktrecht für die gemeinsamen Kinder) einig sein und eine entsprechende Vereinbarung treffen.

Auch bei der einvernehmlichen Scheidung gibt es aber eine Einschränkung: Sie ist nämlich erst möglich, wenn die Ehe unheilbar zerrüttet ist und die eheliche Lebensgemeinschaft mindestens seit sechs Monaten aufgehoben ist (das heißt allerdings nicht, dass das Ehepaar auch getrennt leben muss). Auch wenn das Gericht nicht näher überprüft, ob diese Voraussetzung tatsächlich erfüllt ist, muss die Ehe zumindest sechs Monate gedauert haben, bevor man sich wieder scheiden lassen kann.

Wenn der Partner die Scheidung verweigert

Wenn der andere Ehepartner sich nicht scheiden möchte, ist es mitunter gar nicht so einfach, die Ehe zu beenden. Das Eheversprechen "Bis dass der Tod euch scheidet" gilt im österreichischen Recht zwar nicht. Trotzdem ist eine Scheidung gegen den Willen des anderen Ehegatten nur aus wichtigem Grund möglich. Abgesehen von besonderen Gründen, die in der Praxis allerdings nur selten vorkommen (zum Beispiel eine ansteckende oder ekelerregende Krankheit oder eine psychische Erkrankung), setzt eine Scheidung grundsätzlich voraus, dass der Partner eine schwere Eheverfehlung begangen hat, die zur Zerrüttung der Ehe geführt hat.

Als Eheverfehlung gelten vor allem jede Form von häuslicher Gewalt oder eine Verletzung der ehelichen Treuepflicht. Darunter fällt nicht nur der Ehebruch, also außerehelicher Geschlechtsverkehr. Unter Umständen kann schon ein allzu vertrauter und intensiver Umgang mit Personen des anderen Geschlechts als Scheidungsgrund gewertet werden, wenn der andere damit nicht einverstanden ist oder dadurch der Anschein einer ehewidrigen Beziehung erweckt wird.

Auch eine Verletzung der Beistandspflicht, eine eigenmächtige Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft oder liebloses Verhalten und sogar die grundlose Verweigerung des Geschlechtsverkehrs können als Eheverfehlung gewertet werden. Wichtig: Solange das Ehepaar zusammenlebt, müssen Scheidungsgründe innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis geltend gemacht werden, danach sind sie verfristet.

Wenn sich das Ehepaar einfach auseinandergelebt hat, ohne dass einem von beiden ein Vorwurf gemacht werden kann, ist eine Verschuldensscheidung nicht möglich. Auch der Ehepartner, den das alleinige Verschulden am Scheitern der Ehe trifft, kann sich nicht einfach gegen den Willen des schuldlosen Partners scheiden lassen.

Nach dreijähriger Trennung kann Scheidung erzwungen werden

In diesen Fällen kann eine Scheidung nur dann erzwungen werden, wenn das Ehepaar seit mindestens drei Jahren getrennt ist. In Härtefällen ist eine Scheidung überhaupt erst sechs Jahre nach der Trennung möglich. Allerdings ist es auch keine Lösung, sich einfach gegen den Willen des anderen zu trennen, um die Voraussetzungen für eine Scheidung zu schaffen. Durch so ein Verhalten setzt man nämlich selbst eine schwere Eheverfehlung und riskiert, für den anderen unterhaltspflichtig zu werden.

Wenn der andere Partner unbedingt verheiratet bleiben möchte (etwa aus religiösen oder finanziellen Gründen), kommt man aus einer ungewollten Ehe also gar nicht so leicht wieder heraus. Dann ist es wichtig, die Eheverfehlungen des anderen gut zu dokumentieren, um sie im Streitfall vor Gericht auch nachweisen zu können. Sonst bleibt nur die Möglichkeit, den scheidungsunwilligen Partner durch finanzielle Zugeständnisse doch zur Scheidung zu bewegen.

Auch wenn der Himmel nicht mehr voller Geigen hängt, lohnt es sich trotzdem oft, der Ehe noch eine zweite Chance zu geben. Wenn der Partner keine Eheverfehlungen begangen hat, sollte man sich aber ohnehin gut überlegen, ob es nicht besser ist, sich wieder zusammenzuraufen. Denn ein Ende mit Schrecken ist zwar besser als ein Schrecken ohne Ende, aber in vielen Fällen geht das Drama erst mit der Scheidung so richtig los. (Carmen Thornton, 20.8.2019)