Es gibt österreichweit mehr als 10.000 Wahllokale, in denen das Hochamt der Demokratie – die Stimmabgabe – stattfindet.

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STICHWORT: WAHLBEISITZER

Zu wenige oder doppelte Nominierungen, spätes oder gar kein Erscheinen. Gemeindevertreter klagen, dass die Rekrutierung von Beisitzpersonal für Wahlen mancherorts sehr schwierig ist. Ende Juli musste sich dennoch ein Großteil der Wahlbehörden und damit auch die jeweiligen Wahlbeisitzer zusammengefunden haben. Letztere werden von den Parteien abhängig von der Stimmenstärke bei der letzten Nationalratswahl nominiert, um Parteimitglieder muss es sich dabei nicht handeln.

Addiert man die Vorgaben auf Sprengel-, Gemeinde-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene, kommen dabei rund 80.000 Wahlbeisitzer und Ersatzpersonen zusammen. Während SPÖ und ÖVP in den Gemeinden gut vernetzt sind und somit auf einen verhältnismäßig großen Pool an Beisitzern zurückgreifen können, waren es bei den vergangenen Nationalratswahlen vor allem FPÖ und Grüne, die nicht genügend Freiwillige meldeten. Da örtliche Wahlbehörden beschlussfähig sind, wenn zumindest die Hälfte der Beisitzerposten besetzt ist, können Wahlen dennoch über die Bühne gehen.

Ersatzzahlungen bei Fernbleiben

Die unbesetzten Posten sorgen jedenfalls für Verstimmungen. So heißt es aus dem Gemeindebund, dass gerade die FPÖ sich vielfach darauf verlassen würde, dass ÖVP und SPÖ genügend Wahlpersonal stellen. Gemeindebundpräsident Alfred Riedl spricht sich deshalb für eine Ersatzzahlung aus, die Parteien entrichten müssen, sollten sie nicht genügend Beisitzer entsenden. In kleineren Gemeinden stellt das Beisitzen auf Parteiticket gerade für Sympathisanten von Kleinparteien eine zusätzliche Hürde dar. Der Gemeindebund fordert deshalb, dass man sich parteiunabhängig zum Wahlbeisitzen melden können soll. Auch eine bundesweit einheitliche Aufwandsentschädigung zwischen 50 und 80 Euro pro Tag soll Anreize schaffen.

Schöffen oder Beamte als Alternative

Aufgrund der Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl 2016, die zu Anklagen bzw. Strafanträgen gegen rund 25 Personen geführt hat, sind auch geübte Beisitzer verunsichert. Eine Vereinfachung der Wahlabwicklung könnte Beisitzer – laut Gemeindebund – ebenfalls motivieren. An den Grundprinzipien des freiwilligen Ehrenamts wolle man aber jedenfalls festhalten, betont Riedl.

In den letzten Jahren kursierten jedoch auch Vorschläge zur Systemänderung. Einst hatte der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gefordert, Wahlbeisitzer wie Schöffen zufällig auszuwählen und zu verpflichten. Auch das Betrauen von Beamten wurde schon diskutiert. Beim benötigten Personalumfang könnte es aber auch hier zu Engpässen kommen. Eine Neuerung würde jedenfalls eine Verfassungsänderung bedeuten, gibt Bundeswahlleiter Robert Stein im Gespräch mit dem STANDARD zu bedenken.

Damit die Wahl am 29. September reibungslos über die Bühne geht, müssen rechtzeitig genügend freiwillige Beisitzer rekrutiert werden. Für manche Parteien ist das ein Problem.
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STICHWORT: WAHLBEHÖRDEN

Gewählt ist schnell: Wahllokal betreten, Ausweis herzeigen, Kreuzerl machen, fertig. Das ist allerdings nur die Perspektive der Wähler. Aus Sicht der Behörden stellt sich das Prozedere freilich komplizierter dar. Und Behörden gibt es viele. Insgesamt müssen für eine Nationalratswahl in Österreich rund 12.400 Wahlbehörden jeweils neu gebildet werden. Vom Sprengel, der niedrigsten Ebene, über die Gemeinde, die Bezirke und die Länder bis hin zum Bund: Überall muss laut Gesetz eine eigene Wahlbehörde eingerichtet werden.

An oberster Stelle der Hierarchie steht der Innenminister als Vorsitzender der Bundeswahlbehörde. Er – in diesem Fall Wolfgang Peschorn – verkündet zuerst das vorläufige und dann das endgültige Ergebnis des Urnengangs und gibt die Verteilung der Mandate bekannt. Abgesehen vom Innenminister und zwei Richtern sitzen noch fünfzehn weitere Mitglieder in der Bundeswahlbehörde. Diese werden von den aktuell im Nationalrat vertretenen Parteien nominiert, und zwar entsprechend ihrer Stärke bei der letzten Wahl. Die ÖVP stellt somit fünf Beisitzer, die Liste Jetzt hingegen nur einen. Die Grünen und die KPÖ haben dieses Mal mangels Abgeordneter kein Recht auf die Entsendung von Wahlbeisitzern, können jedoch Vertrauenspersonen stellen.

Verschiedene Stimmzettel

Eine Ebene darunter agieren die neun Landeswahlbehörden, sie nehmen die Landeslisten der Parteien entgegen und sind für den Druck der Stimmzettel zuständig. Die Stimmzettel schauen nämlich je nach Bundesland unterschiedlich aus, zumal manche Parteien nicht überall genügend Unterstützungserklärungen finden konnten. Die Bierpartei etwa kandidiert nur in Wien, die Christliche Partei (CPÖ) kann man nur im Burgenland ankreuzen.

Mit der Pannenserie bei der Bundespräsidentenwahl 2016 sind auch die Bezirkswahlbehörden – von dieser Sorte gibt es 116 – zu zweifelhaftem Ruhm gelangt. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Auszählung der Briefstimmen am Montag nach der Wahl.

Schließlich gibt es noch 2095 Gemeindewahlbehörden, die für die Festlegung der Wahllokale und ihrer Öffnungszeiten verantwortlich zeichnen. In größeren Gemeinden werden zusätzlich noch Sprengelbehörde (insgesamt rund 10.200) aufgestellt, die die Stimmabgabe vor Ort betreuen – damit es am Wahlsonntag möglichst schnell geht.


Mehr als fünf Millionen Wahlzettel müssen gedruckt werden. Die Kosten für den Bund belaufen sich dafür auf zwei Millionen Euro.
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STICHWORT: WAHLKOSTEN

Urlaub ist teuer. Eine Spanien-Reise kann schon einmal 20 Millionen Euro kosten. Zumindest dann, wenn der Tourist Heinz-Christian Strache heißt und das eigenwillige Urlaubsverhalten zu Neuwahlen führt. Die Organisation einer Nationalratswahl ist für den österreichischen Staat jedenfalls nicht gratis: Stimmzettel müssen gedruckt, Briefwahlkarten versendet und Wahlbeisitzer entschädigt werden. In Summe kommt man so auf etwa 20 Millionen Euro.

Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, rechnet vor, dass etwa zwei Millionen Euro an Druckkosten zu bezahlen sind. Darüber hinaus fallen noch einmal zwei Millionen Euro für die Post an. Die Briefwahl ist nämlich nur für die Wähler kostenlos, der Bund übernimmt selbst das Porto für die Briefe demokratischen Inhalts. Damit auch noch die bis Samstagfrüh vor der Wahl eingeworfenen Briefstimmen rechtzeitig bei den Bezirkswahlbehörden landen, erhält die Post eine weitere halbe Million Euro für die außertourliche Samstagsentleerung der Postkästen.

Gemeindebund stöhnt

Hinzu kommen für den Bund noch 84 Cent pro Wahlberechtigtem als Pauschalentschädigung an die Gemeinden. Insgesamt sind das heuer etwa 5,3 Millionen Euro. Aus Sicht der Gemeinden ist das zu wenig, denn das deckt nur ein Drittel Kosten, die die Gemeinden insgesamt stemmen müssen. Die restlichen zehn Millionen müssen sie aus dem eigenen Budget begleichen. Obwohl sie für die Neuwahlen nicht verantwortlich sind, wie Gemeindebundpräsident Alfred Riedl betont: "Wenn der Bund Wahlen ausruft, müssen diese Kosten ersetzt werden. Es kann nicht sein, dass wir in den Gemeinden immer wieder die Hauptlast der Abwicklung von Wahlen tragen." Der Gemeindebund will von der Republik daher "vollen Ersatz" für die anfallenden Kosten.

Eigentlich bräuchte es nach Ansicht der Kommunen künftig generell mehr finanzielle Mittel, um die Wahlbeisitzer gebührend für den Aufwand in ihrer Freizeit zu entschädigen. Aktuell stehen ihnen laut Gesetz nur 12,50 Euro als Verpflegungsentgelt zu. Damit lockt man allerdings an einem Sonntag niemanden hinter dem Ofen hervor.

Mehr Geld für Beisitzer

Viele Gemeinden kämpfen bei den Wahlbeisitzern mittlerweile mit Rekrutierungsproblemen. Daher lassen manche Gemeinden mehr springen, um ihre Wahlbehörden überhaupt ausreichend bestücken zu können. In Salzburg bekommt man laut Gemeindebund immerhin 80 Euro, im ebenfalls teuren Bregenz sind es hingegen nur 21 Euro, in Wien lukriert man 45 Euro.

Der Gemeindebund sieht dieses Auseinanderklaffen kritisch und fordert eine Vereinheitlichung der Beträge. "Wenn die Gemeinden eine ordentliche Entschädigung zahlen könnten, wäre es einfacher, die Menschen zu motivieren, ihren Sonntag für die Mithilfe bei den Wahlen zu opfern", sagt Andreas Steiner vom Gemeindebund im STANDARD-Gespräch. Insbesondere für Studierende wäre das Amt des Wahlbeisitzers eine gute Möglichkeit, sich für den Dienst am Gemeinwesen ein kleines Zubrot zu erarbeiten. (Theo Anders, Franziska Windisch, 14.8.2019)