Der Asteroid Bennu aus einer Entfernung von 136 Kilometern.
Foto: Nasa

Ende vergangenen Jahres erreichte die Raumsonde Osiris-Rex ihr Zielobjekt: den nach einer altägyptischen Totengottheit benannten Asteroiden (101955) Bennu. Seither hat die Sonde die Oberfläche des Brockens mit einem Durchmesser von rund 500 Metern vermessen und Daten über das Objekt und seine Eigenschaften gesammelt. Denn Bennu kommt der Erde auf seiner Bahn alle sechs Jahre nahe und gilt daher als möglicher Kandidat für einen Einschlag auf unserem Planeten. Um das Jahr 2135 wird er der Erde sogar näher kommen als der Mond, eine Ablenkung seiner Bahn ist nicht wahrscheinlich, aber auch nicht ganz auszuschließen.

Asteroidengreifer

Das macht ihn für Wissenschafter interessant: Sie wollen anhand von Bennu versuchen, erdnahe Asteroiden künftig berechenbarer zu machen. So wird etwa untersucht, wie stark der sogenannte Jarkowski-Effekt die Bahn des Asteroiden beeinflusst. Die Ursache dieses Phänomens ist die unterschiedlich starke Erwärmung der Oberfläche von Asteroiden durch die Sonne. Die Wirkung des Effekts auf den Bahnverlauf wird dabei von einer ganzen Reihe von Faktoren bestimmt, darunter die Oberflächenbeschaffenheit und die Wärmeleitfähigkeit des Asteroiden.

Künstlerische Darstellung der Sonde mit ihrem Roboterarm.
Illustration: Nasa

Die Hauptaufgabe von Osiris-Rex ist aber eine andere: Die Sonde soll 2020 mithilfe eines drei Meter langen Roboterarms Staub und kleinere Klumpen von Bennu aufsammeln, in eine Kapsel packen und zur Erde schicken. Wenn alles nach Plan läuft, wird die wertvolle Fracht im Jahr 2023 bei uns ankommen, sogar der Tag steht schon fest: der 24. September. Jetzt haben Forscher der Nasa dank der umfangreichen Asteroiden-Kartierung vier mögliche Entnahmestellen identifiziert: An einer davon soll Osiris-Rex im kommenden Jahr zugreifen. Die Suche nach dem passenden Terrain gestaltete sich schwieriger als gedacht – und wird noch ein bisschen länger in Anspruch nehmen.

Vier mögliche Zugriffsorte auf Bennu.
Foto: NASA/University of Arizona

Schutthaufen statt Sandstrand

Denn auf frühen Aufnahmen von der Erde aus erweckte Bennu den Anschein, über große Areale mit feinkörnigem Material zu verfügen – ideal, um mit dem Roboterarm kleinere Proben aufzusammeln. Die Vorrichtung ist darauf ausgelegt, Staub und Klümpchen von höchstens zweieinhalb Zentimetern Durchmesser aufzusammeln. Doch bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass Bennus Oberfläche eher einem grobfelsigen Geröllhaufen gleicht und das Manöver schwieriger werden dürfte als erhofft.

Aus einer Entfernung von viereinhalb Kilometern offenbart sich Bennu als Geröllhaufen.
Foto: NASA/Goddard/University of Arizona

Genaue Beobachtungen

Anders als ursprünglich gedacht, wollen die Forscher daher etwas mehr Zeit in die Wahl des definitiven Zugriffsorts investieren. Vier Monate lang soll die Raumsonde nun die möglichen Plätzen genauer analysieren. Mithilfe detaillierter Aufnahmen soll der größtmögliche Bereich mit feinkörnigem Material gefunden werden. Dafür kommt die Sonde dem Asteroiden schon sehr nahe: Aufnahmen aus weniger als eineinhalb Kilometern sollen die genaue Beschaffung enthüllen.

Obwohl Osiris-Rex eigentlich zur Probenentnahme von einer strandähnlichen Oberfläche konzipiert wurde, sei man sehr zuversichtlich, dass die schwierigen Manöver klappen werden, sagte Projektleiter Rich Burns vom Nasa Goddard Space Flight Center in Greenbelt, Maryland. Die Mission habe sich schon bisher durch ihre große Flexibilität ausgezeichnet.

Verortung der vier möglichen Entnahmestellen auf dem Asteroiden.
NASA Goddard

Spuren aus dem frühen Universum

Anfang 2020 soll dann definitiv feststehen, wo genau die Proben aufgesammelt werden sollen, der Zugriff soll dann in der zweiten Jahreshälfte erfolgen. Asteroiden wie Bennu dürften einst aus Überresten jener Bausteine entstanden sein, aus denen sich auch die Planeten formten. Wissenschafter hoffen, mithilfe von Materialproben mehr über die Bedingungen dieser Frühphase zu erfahren.

Interessant ist aber auch, welche Rohstoffe sich darin nachweisen lassen und wie sie theoretisch abgebaut werden könnten. Die Idee, eines Tages neben unserem eigenen Planeten auch astronomische Objekte wie Asteroiden auszubeuten, kursiert ja unter Homo sapiens schon längst. (dare, 17.8.2019)