Im Wirrwarr des Fremdenrechts fällt es oft schwer, den Überblick zu behalten – das gilt auch für die Parteien. Forderungen nach Reformen bewegen sich meist auf einem abstrakten Niveau. Wir haben sechs wahlwerbende Listen um konkrete Antworten auf Fragen zu Rechten von Migranten in Österreich gebeten. SPÖ, ÖVP und FPÖ sind sich überwiegend einig, dass Österreich so restriktiv bleiben soll, wie es ist.

Derzeit haben Asylwerber nur sehr eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
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1. Sollen Asylwerber eine Arbeitserlaubnis erhalten?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Nein, weil das Österreich noch attraktiver für Zuwanderung machen würde. Unser Ziel müssen stattdessen schnellere Asylverfahren sein. Am Arbeitsmarkt müssen wir prioritär jene rund 30.000 arbeitslosen Asylberechtigten inte grieren, die auch sicher in Österreich bleiben dürfen.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Schon jetzt besteht die Möglichkeit, dass Asylwerber eingeschränkt arbeiten können. Asylwerber in Mangelberufen sollen die Möglichkeit haben, ihre Ausbildung fertigzustellen. Sollte in weiterer Folge in einem Mangelberuf Bedarf bestehen, soll ein Bleibeantrag gestellt werden können.

Norbert Hofer, FPÖ:

Nein, eine Arbeitserlaubnis ist in diesem Verfahrensstadium nicht angebracht. Viele Asylwerber erhalten keinen Anerkennungsstatus und müssen das Land wieder verlassen. Außerdem gibt es zehntausende Asylberechtigte, die wegen fehlender Qualifikationen ohne Beschäftigung sind.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Ja! Vor allem fordern Neos, jungen Asylwerbenden die Lehre und deren Abschluss zu ermöglichen. Danach dürfen sie noch zwei Jahre bleiben. Im Anschluss können sie eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen. Tun sie das nicht, kehren sie mit fundierter Ausbildung ins Herkunftsland zurück.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Ja. Ein Job und Deutschkenntnisse sind die beste Voraussetzung für Integration. Das Ende der Lehre für Asylsuchende schadet Unternehmen und der Integration. Wir fordern auch die Öffnung des gesamten Lehrstellenmarkts für Asyl suchende und ein Bleiberecht für integrierte Lehrlinge.

Werner Kogler, Grüne:

Österreich muss die Aufenthaltsrichtlinie erfüllen. Asylwerber sollen daher nach einer gewissen Zeit – etwa nach sechs Monaten – Zugang zu Mangelberufen haben.

2. Sollen Doppelstaatsbürgerschaften erlaubt werden?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Nein. Bei der Staatsbürgerschaft geht es um die Verbundenheit mit unserem Heimatland. Deshalb sind wir dafür, dass die Doppelstaatsbürgerschaft weiterhin restriktiv gehandhabt wird. Dennoch sollte in besonderen Fällen eine Doppelstaatsbürgerschaft ermöglicht werden.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Nein, außer für Nachkommen von NS-Opfern, die aus Österreich vertrieben wurden.

Norbert Hofer, FPÖ:

Nein. Die Staatsbürgerschaft ist das höchste Gut, welches ein Staat einer Person ver leihen kann. Damit darf nicht leichtfertig umgegangen werden. Aus der historischen Situation heraus soll dies aber für die Südtiroler möglich sein.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Ja. Im Regelfall fühlen sich Menschen, die sich in einem anderen Staat als ihrem Herkunftsland aufhalten, ihrem Herkunftsland ebenso verbunden wie der neuen Heimat. Das restriktive österreichische Einbürgerungsrecht wird den Lebensrealitäten des 21. Jahrhunderts nicht gerecht.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Eine Voraussetzung für Doppelstaatsbürgerschaften ist Missbrauchssicherheit. Das ist derzeit etwa im Fall der Türkei nicht gegeben. Das Erdogan-Regime etwa missbraucht Doppelstaatsbürgerschaften für seine Zwecke. Daher ist in diesem Bereich Vorsicht geboten.

Werner Kogler, Grüne:

Österreich wird der inter nationalen Entwicklung folgend nicht um die Anerkennung von Doppelstaatsbürgerschaften herumkommen. Wir schlagen vor, dass Kinder aufenthaltsverfestigter Eltern eine Doppelstaatsbürgerschaft erhalten.

Wer Österreicherin ist, darf nicht auch Italienerin sein – Ausnahmen bestätigen die Regel. Die großen Parteien wollen es dabei belassen.
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3. Sollen ausländische Ehepartner von Österreichern automatisch ein Bleiberecht erhalten?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Nein. Familienangehörige aus Drittstaaten können sich bereits mit dem Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang befristet niederlassen. Die geltende Regelung ist unserer Ansicht nach aus reichend und bedarf deshalb keiner Änderung.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Nein, es gibt ausreichend Regeln, um einen diesbezüglichen Aufenthaltstitel zu erhalten. Um eine Integration zu sichern, müssen gewisse Vor aussetzungen, wie Deutschkenntnisse in einem bestimmten Umfang, erfüllt werden, um die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindern.

Norbert Hofer, FPÖ:

Nein, da dies dem Missbrauch, Stichwort Scheinehe, Tür und Tor öffnet!

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Ja, so wie das bereits jetzt für Angehörige von EWR-Bürgern gilt, sollen ausländische Ehepartner und Kinder von Österreichern das Recht haben, sich in Österreich niederzulassen. Die Schlechterstellung drittstaatsangehöriger Familienmitglieder von Österreichern muss beseitigt werden.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Ja. Das Recht auf eine Familie muss unabhängig von der Staatsbürgerschaft möglich sein. Mit der Verschärfung der Zusammenführung für Schutzsuchende im Jahr 2016 wurde es für Betroffene spürbar erschwert, die Einheit ihrer Familie nach der Flucht wiederherzustellen.

Werner Kogler, Grüne:

Das Bleiberecht für Familienangehörige, insbesondere bei Ehepartnern und minderjährigen Kindern, ergibt sich aus dem Schutz des Familien lebens durch die Europäische Menschenrechtskonvention.

4. Soll Österreich mehr Flüchtlinge aufnehmen?

Sebastian Kurz, ÖVP:

Nein. Österreich war in den letzten Jahren unter jenen Ländern Europas, die pro Kopf am meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Wichtiger ist, eine rasche Hilfe vor Ort für Menschen in Not zu gewährleisten, um Perspektiven zu geben und Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:

Nein. Wir brauchen eine europäische Lösung, die Eta blierung von Verfahrenszen tren an den EU-Außengrenzen und legale Fluchtmöglichkeiten in UNHCR-konformen Verfahrenszentren nahe den Herkunftsregionen. Also europäische Kooperation statt populistische Alleingänge.

Norbert Hofer, FPÖ:

Nein. Österreich hat vieles geleistet, und es wurde den Bürgern viel zugemutet. Linke Romantik und der Slogan "Wir schaffen das" sind aber nicht die Lösung. Justizsystem, Polizei, Schulen sowie Sozial- und Gesundheitssystem haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:

Österreich hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als andere EU-Länder. Neos setzen sich daher für eine faire Verteilung auf die EU-Länder ein. Auch Österreich soll seinen Beitrag leisten, etwa bei Resettlements durch das UNHCR. So müssen Hilfsbedürftige nicht in ein Boot steigen.

Peter Pilz, Liste Jetzt:

Österreich hat überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufgenommen. Wir treten für eine gerechte Verteilung der Schutzsuchenden ein und für kontrollierte Fluchtwege statt illegaler Einwanderung. Wir fordern daher die Wiedereinführung der Asylantragstellung vor Ort.

Werner Kogler, Grüne:

Österreich kann zusätzliche Flüchtlinge etwa im Rahmen von Resettlement-Programmen aufnehmen. Aus den Ereignissen des Jahres 2015 lernend ist es wichtig, ausreichend Unterstützung zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration bereit zustellen. (Maria Sterkl, 14.9.2019)