Der Österreichische Buchpreis 2019 geht an Norbert Gstrein.

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Angela Lehner bei der Verleihung des Debütpreises.

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Zum vierten Mal wurde am Montag der Österreichische Buchpreis (20.000 Euro) vergeben und ging an Norbert Gstrein für seinen Roman Als ich jung war. Der Autor quittierte das – krankheitsbedingt vertreten – mit Freude und einem "Quentchen Scham". Zur Erklärung verwies er auf seinen vor ein paar Monaten begonnen neuen Roman über einen Schauspieler, der zum 60er verschwinden will: denn man müsse sich als Jubilar nach dem Geschmack des Publikums ausstopfen lassen. Der Gefahr entging Gstrein nun fürs Erste.

Zum vierten Mal ist in Wien der Österreichische Buchpreis vergeben worden. Gewinner in diesem Jahr ist der aus Tirol stammende Schriftsteller Norbert Gstrein.
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Im ausgezeichneten Roman (Hanser) erzählt der 1961 in Mils in Tirol geborene und in Hamburg lebende Autor von einem Tiroler Hotelierssohn, der nach einem Unglück aus seinem Leben als Hochzeitsfotograf in die USA flüchtet. Gstrein verschneidet die Zeiten und Orte zu einem faszinierenden Erzählen. Auf dieses Erzählte ist aber kein Verlass: "Man folgt seinem Konstrukt und seinem bewundernswert klaren Satzbau mit Spannung, aber im Gegensatz zum Detektivroman gibt es hier kein Superhirn, das die Zeichen eindeutig interpretieren könnte", so die Jury.

Gegen falsche Gewissheiten

Vor schwierigen Themen wie jüdischer Emigration (Die englischen Jahre, 1999), kroatischer Unabhängigkeitsbewegung (Die Winter im Süden, 2008) oder religiösem Fanatismus (Eine Ahnung vom Anfang, 2013) scheut Gstrein so wenig wie vor subtilem Witz. In Die kommenden Jahre (2018) wog der oft Gelobte Mitgefühl und Rationalität bei gesellschaftspolitischen Fragen wie der Flüchtlingskrise ab. Er schreibt mit Ahnungen und Fährten gegen vermeintliche Gewissheiten an.

Für den Österreichischen Buchpreis ebenso nominiert waren Raphaela Edelbauer (Das flüssige Land), Clemens J. Setz (Der Trotz runder Dinge), Karl-Markus Gauß (Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer) und Sophie Reyer (Mutter brennt).

Konter für die BWL-Studenten

Der Debütpreis (10.000 Euro) ging für Vater unser an Angela Lehner. Die in Berlin lebende Kärntnerin (32) lässt ihre Erzählerin frech aus einer psychiatrischen Anstalt berichten. Lehner stand damit heuer bereits auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis und bekam erst vor wenigen Tagen den Literaturpreis Alpha zugesprochen. Nach Jahren, in denen man auf WG-Parties mit BWL-Studenten und angehenden Ärztinnen spreche, sei der Preis für sie eine Erleichterung.

Die weiteren Nominierten für den Debütpreis waren Marko Dinic (Die guten Tage) und Tanja Raich (Jesolo).

Vier Ausgaben, vier Kulturminister

140 Titel heimischer Autoren wurden heuer eingereicht. Die Auszeichnung wurde eingerichtet, um "die Qualität und Eigenständigkeit" der heimischen "Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen". Der Preis ist neben Prosa auch für Essays und kaum Marktgängiges wie Lyrik und Dramatik offen. Dass er gewillt ist, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen, bewies er 2017 gleich mit der ersten Preisträgerin Friederike Mayröcker (Fleurs). Seither lesen sich die Nominiertenlisten jedoch sehr erzählend.

Moderator Philipp Hauß scherzte zum Einstand des Abends, die drei ersten Ausgaben hätten unter drei verschiedenen Kulturministern stattgefunden. Diesmal war ein Sektionschef anwesend. "Mal sehen, wer nächstes Jahr da ist". (wurm, 4.11.2019)