Mehr als 20 Jahre lang hatte Gerhard in eisiger Kälte gearbeitet. Er hatte Waren entgegengenommen und im Tiefkühler eines Lebensmittelgroßhändlers sortiert. Bei minus 21 Grad fünf Stunden am Tag. Als er von der Kälte genug hatte und einen anderen Job wollte, konnte ihm sein Arbeitgeber nichts Neues anbieten – man trennte sich einvernehmlich.

Vier Jahre habe Gerhard danach vergeblich Arbeit gesucht, wie er dem STANDARD erzählte. Hunderte Bewerbungen habe er jedes Jahr geschickt, meist nicht einmal eine Antwort bekommen. Er war über 50, keine Fachkraft, hatte jahrelange Berufserfahrung, die im Vergleich zu jüngeren Kollegen teuer macht. Schwer vermittelbar.

Dann kam die Aktion 20.000, die Gerhard eine Anstellung beim Bauhof der Gemeinde Bad Vöslau brachte. Die Aktion war einer der letzten großen Beschlüsse der rot-schwarzen Koalition im Juni 2017 gewesen. Menschen über 50, die länger als ein Jahr keinen Job gefunden hatten, bekamen so wie Gerhard einen vollständig staatlich geförderten Arbeitsplatz für maximal zwei Jahre. Voraussetzung war, dass sie eine gemeinnützige Tätigkeit verrichten, bei einer Gemeinde oder einem Verein.

Prestigeprojekt von Kern

Die türkis-blaue Regierung stoppte die Aktion schon Ende 2017 wieder. Das Ganze war ein Prestigeprojekt von Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) gewesen, auch die Arbeitsmarktsituation hatte sich stark verbessert. Schon zugesagte Förderungen wurden noch vergeben. Statt der 20.000 kamen nur 3824 Menschen im Zuge des Projekts in einen Job.

Die Frage für Arbeitsmarktexperten lautete seither: Was bringt die Aktion langfristig?

Darauf gibt es nun eine erste Antwort. Das auf sozialwissenschaftliche Forschung spezialisierte Unternehmen Prospect hat im Auftrag des Sozialministeriums eine Evaluation der Aktion 20.000 durchgeführt. Mithilfe von Daten der Sozialversicherung wurde analysiert, wie die Erwerbskarriere der 3824 geförderten Personen verlaufen ist. Außerdem wurden 550 von ihnen befragt. Am Montag wurden die Ergebnisse veröffentlicht.

Eine der zentralen Erkenntnisse lautet, dass es mit dem Projekt gelungen ist, einen recht großen Personenkreis relativ lange in Beschäftigung zu bringen. Drei Monate nach Auslaufen des Programms im Juni 2019 waren noch 31,7 Prozent der Menschen, die an der Aktion teilnahmen, in einem ungeförderten Job oder als Selbstständige tätig. Darunter auch Gerhard, der noch immer beim Bauhof in Bad Vöslau arbeitet.

Etwas mehr als 60 Prozent der Menschen sind auf der Stelle verblieben, die vorher gefördert war. Der Rest hat in einen anderen Job gewechselt, wie Trude Hausegger von Prospect sagt. Aber ist ein Drittel nun viel oder wenig?

Etwas mehr als 3800 Menschen bekamen über die Aktion 20.000 eine geförderte Stelle.
Foto: Corn

Es kommt drauf an, sagen Experten. AMS-Chef Johannes Kopf spricht von einem "respektablen Ergebnis", "weder ein Riesenerfolg noch ein Misserfolg". Das AMS verfügt selbst auch über Förderprogramme für Arbeitslose über 50. Dabei wird ein Eingliederungsgeld an Unternehmen bezahlt, die Menschen über 50 anstellen. Bezuschusst wird hier nur ein Teil der Arbeitskosten. Im vergangenen Jahr waren laut AMS drei Monate nach Ende der Förderperiode bei diesen Programmen noch rund 60 Prozent der Menschen in Beschäftigung. Das ist ein deutlich höherer Wert als bei der Aktion 20.000.

Allerdings, und darauf verweisen sowohl Kopf als auch Hausegger von Prospect, sind die beiden Gruppen nur bedingt miteinander vergleichbar. Im Zuge der Aktion 20.000 wurden, anders als beim erwähnten AMS-Programm, nur Langzeitarbeitslose unterstützt.

Laut Prospect waren viele von der Aktion 20.000 betroffene Menschen schon viele Jahre ohne Job – elf Prozent davon sogar fünf Jahre oder länger. Selbst in dieser Gruppe, die bei Unternehmen wohl völlig chancenlos ist, hat ein Viertel drei Monate später noch weitergearbeitet.

Noch fehlen Daten

Ob sich diese Ergebnisse auch auf eine größere Gruppe übertragen lassen, ist fraglich. Vor allem engagierte Jobsuchende haben am Beginn der Aktion eine Stelle bekommen, es waren im Vergleich, wie Daten von Prospect zeigen auch gut Gebildete. Ob die Weiterbeschäftigungsrate also auch so hoch wäre, wenn wirklich 20.000 Menschen an der Aktion teilgenommen hätten, ist unklar.

Und es fehlen noch Daten. Eine Analyse der Kosten vom Institut für Höhere Studien (IHS) dürfte erst im Jänner fertig werden. Auch wäre es interessant, langfristigere Karriereverläufe zu kennen. Gerhards Arbeitsverhältnis wird Ende Dezember auslaufen.

Hausegger sagt, dass die Ergebnisse der Analyse generell wichtige Erkenntnisse für den Arbeitsmarkt liefert. Zum Beispiel gilt die Gruppe der älteren Arbeitslosen oft als von Krankheiten geplagt. Wie die Befragungen zeigte, hatten aber weniger als die Hälfte der Arbeitslosen über 55 gesundheitliche Probleme. In vielen Betrieben fehle die Wahrnehmung dafür, dass Menschen über 55 nicht abgeschrieben werden sollten – allein schon, weil sie noch bis zu zehn Jahre am Arbeitsmarkt vor sich haben, so Hausegger. (András Szigetvari, 17.12.2019)