Josef Hoza (71) war früher Medizintechniker für Schlaflabore und ist heute im Ruhestand. Er engagiert sich als Obmann der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Österreich, auch weil er selbst ein Betroffener ist.
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Bei der Schlafapnoe setzt nachts die Atmung aus, oft für mehrere Minuten. Darauf folgt ein lautes Schnarchgeräusch. Die Folgen für Betroffene können gravierend sein, weiß Josef Hoza, Obmann der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Österreich.

Ein guter Anfang gegen Schnarchen und Schlafapnoe: Rückenlage vermeiden.
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STANDARD: Sie leiten eine Selbsthilfegruppe zu Schlafapnoe. Was ist die häufigste Frage, mit der Sie konfrontiert sind?

Hoza: Wo kriegt man am schnellsten einen Termin für eine Untersuchung im Schlaflabor?

STANDARD: Und?

Hoza: Ich sage den Betroffenen dann, dass die ambulante Untersuchung – also zu Hause im Bett – viel sinnvoller und angenehmer ist. Und die Wartezeiten sind nicht so lang. Im Schlaflabor muss man teilweise bis zu ein Jahr auf einen Termin warten. Und dort bekommt man eine ganze Menge Sensoren ins Gesicht geklebt und ist mit dem Computer verkabelt. Da schläft man insgesamt nicht so gut. Die ambulante Schlafdiagnose erfolgt daheim beziehungsweise in zwei bis vier Wochen beim Facharzt.

STANDARD: Und wenn eine Schlafapnoe diagnostiziert wird?

Hoza: Dann muss man doch ins Schlaflabor, weil nur dort eine Maskentherapie eingeleitet werden kann.

STANDARD: Kann man auch selbst beobachten, ob man betroffen ist?

Hoza: Die beste Diagnose kann eigentlich der Bettpartner oder die -partnerin stellen. Sie beobachten bei den Betroffenen oft 30 bis 40 Sekunden lange Atemaussetzer, danach folgt ein explosionsartiges lautes Schnarchen oder Nach-Luft-Schnappen. Das ist ein ganz grausliches Geräusch. Manche Partner bekommen sogar Angst, dass der Schlafende ersticken könnte. Der hingegen, der schnarcht, bekommt von der Sache meist gar nichts mit.

STANDARD: Aber schlafen die Betroffenen gut?

Hoza: Nein, die Patienten sind die ganze Nacht lang in einem Leichtschlaf und können nicht in den erholsamen Tiefschlaf fallen. Das liegt daran, dass die Atempausen eine Weckreaktion verursachen, weil der Körper merkt, dass er zu wenig Sauerstoff bekommt. Er startet sozusagen ein Notfallprogramm, der Schlafende wacht auf, um nach Luft zu schnappen. Am nächsten Morgen fühlen sich Betroffene meist unausgeschlafen.

STANDARD: Welche Auswirkungen hat das?

Hoza: Im Tiefschlaf wird auch das Immunsystem regeneriert. Wer schlecht schläft, ist daher anfälliger für Krankheiten. Je höher die Anzahl der Atemstörungen, desto häufiger wird man geweckt, und desto schlechter ist der Schlaf.

STANDARD: Ist jede nächtliche Atempause schon ein Problem?

Hoza: Weniger als fünf Atemstörungen pro Stunde sind schlafmedizinisch in Ordnung, wenn die einzelnen Aussetzer nicht übermäßig lang sind. Bei fünf bis 15 Störungen spricht man von leichter Schlafapnoe ohne nennenswert ernste Symptome. Ab 15 wird im Schlaflabor dann meist eine Maske mit kleinem Beatmungsgerät verordnet. 15 bis 30 sind eine mittlere Schlafapnoe, und ab 30 ist es eine schwere Erkrankung mit ernsten Auswirkungen und vielen möglichen Folgeerkrankungen.

STANDARD: Welche sind das?

Hoza: Die Folgen der Schlafapnoe sind sehr umfangreich. Es beginnt meist mit einem hohen Blutdruck. Es kann auch zu Herzrhythmusstörungen kommen, die die Patienten oft nicht gleich spüren. Weitere Begleiterscheinungen können Diabetes, Schlaganfall oder Alzheimer sein. Das Problem ist, dass diese Erkrankungen oft nicht auf die Schlafapnoe zurückgeführt werden – auch wenn die Patienten von Müdigkeit berichten. Patienten selbst schieben das oft auf ihr zunehmendes Alter. Auch der Sekundenschlaf ist ein riesiges Problem, vor allem bei Berufsfahrern und Pendlern. Experten gehen davon aus, dass viele Unfälle Folgen einer Schlafapnoe sind. Schlafmedizin kommt leider auch in der universitären Ausbildung von Ärzten nicht vor.

STANDARD: Wie hängen Schnarchen und Schlafapnoe zusammen?

Hoza: Es gibt das sogenannte primäre Schnarchen, das medizinisch unbedenklich ist. Obstruktives Schnarchen hingegen ist krankhaft, weil es die Atmung behindert und zu Aufwachreaktionen führen kann. Es sind die starken Schnarcher, die meist auch Atemaussetzer haben. Es kommt aber immer auch auf die Anatomie eines Menschen an.

STANDARD: Was hat Schlafapnoe mit der Anatomie eines Menschen zu tun?

Hoza: Wenn die Atmung im Hals- und Rachenraum behindert ist, ist Schnarchen das hörbare Symptom. Meist entsteht es, weil die Muskulatur dort mit den Lebensjahren schlaffer geworden ist und das Gaumensegel vibriert. Bei der Schlafapnoe geht dann aber gar keine Luft mehr durch, und die Atmung setzt aus. Das passiert besonders häufig in der Rückenlage, weil da die Zungenmasse nach hinten fällt und den Atemweg verschließt. Personen mit einem großen Gaumensegel können aber auch in jeder Schlafposition eine Schlafapnoe bekommen.

STANDARD: Ab welchem Alter steigt die Gefahr, eine Schlafapnoe zu entwickeln?

Hoza: Zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr, weil dann die Muskeln im Hals-Rachen-Bereich schlaffer werden. Frauen sind vor allem nach der Menopause betroffen. Stärker verbreitet ist die Erkrankung bei Übergewichtigen. Es kommt aber vor allem auf den Halsdurchmesser an. Liegt er bei 42 Zentimetern oder mehr, ist viel Gewebe im Halsbereich vorhanden, das den Atemweg einengen kann und die Wahrscheinlichkeit für eine Schlafapnoe erhöht. Auch Patienten, die bereits einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hatten, sind gefährdet. Laut Studien haben 60 Prozent aller Schlaganfallpatienten eine schlafbezogene Atmungsstörung. Ganz generell kann es aber jeden treffen, egal ob dick, dünn, groß, klein, männlich oder weiblich.

STANDARD: Gibt es viele Patienten und Patientinnen mit Schlafapnoe?

Hoza: Von rein obstruktiven Atempausen sind sehr viele Menschen betroffen. Eine internationale Studie hat gezeigt, dass bei den über 40-Jährigen 49 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen mehr als 15 Atemstörungen in der Stunde haben.

STANDARD: Was kann man tun? Getrennt schlafen?

Hoza: Das ist in kleinen Wohnungen leider oft nicht umsetzbar. Die beste Lösung ist eine Therapie mit Atemmaske und Beatmungsgerät. Dann wird es mit einem Schlag leise im Schlafzimmer. Eine Nasenmaske ist die am häufigsten verordnete Behandlungsoption, sie umschließt die Nase und ist sehr effektiv. Atmet ein Patient auch über den Mund, braucht er eine Nasen-Mund-Maske. Sie wird dann von der Krankenkasse bezahlt, wenn die Schlafapnoe ärztlich diagnostiziert ist.

STANDARD: Welche Therapien gibt es noch?

Hoza: Es gibt Zahnschienen, die den Unterkiefer nach vorne verlagern, so fällt die Zungenmasse nicht nach hinten. Sie werden von der Krankenkasse allerdings nicht bezahlt. Auch ein Trainingsprogramm beim Logopäden kann gegen Schlafapnoe und Schnarchen helfen. Sänger sind seltener betroffen, haben Studien gezeigt. Bewiesen ist auch, dass Trompete oder Didgeridoo spielen gegen Schlafapnoe hilft.

STANDARD: Was kann man selbst tun?

Hoza: Es kann schon helfen, nicht auf dem Rücken zu schlafen. Abgesehen davon ist Abnehmen für Übergewichtige eine sehr sinnvolle Sache, aber ich weiß: Es ist leichter gesagt als getan. Ganz generell empfehle ich eine gute Schlafhygiene – also täglich zur gleichen Zeit schlafen zu gehen, nicht spät noch Kaffee zu trinken oder ein Schnitzel zu essen. Auch auf Alkohol zu verzichten ist eine sinnvolle Maßnahme.

STANDARD: Wer sollte sich an die Selbsthilfegruppe wenden?

Hoza: Alle Betroffenen. Es gibt regelmäßige Gruppentreffen in Wien, Nieder- und Oberösterreich, Salzburg und im Burgenland.

STANDARD: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Hoza: Unser Hauptproblem ist, dass die Menschen nicht wissen, dass es diese Krankheit gibt. Das sollte sich ändern. Außerdem fehlen uns leider oft die notwendigen finanziellen Mittel. Da es gegen die Schlafapnoe keine Medikamente gibt, bekommen wir auch keine Unterstützung von einigen Bereichen der Industrie. (Bernadette Redl, 5.1.2020)